Ein Baum für die Zukunft: Zur Jungbestandspflege gehört auch die Auswahl der „Z-Bäume“. Forstwirtschaftsmeister Martin Nolte, Wald und Holz NRW, markiert die qualitativ besten Bäume und ästet diese in Reichhöhe. Foto: Schildmann

In die „Jugend“ investieren

15 Jahre nach dem Orkan Kyrill besteht in vielen Beständen Pflegerückstand. Wir zeigen zusammen mit Forstwirtschaftsmeister Martin Nolte, wie und womit sich diese Jungbestände jetzt zukunftsfit machen lassen.

Die Erfahrung zeigt, dass qualitativ gute Bäume gegenüber wüchsigeren, aber minderwertigeren Bäumen zurückfallen“, sagt Forstwirtschaftsmeister und Waldarbeitslehrer Martin Nolte. In der Praxis betrifft das meist die gepflanzten Bäume. Hingegen zeichnen sich Pionierbaumarten wie die Birke durch ein schnelles Jugendwachstum aus. Auch die Fichte startet sehr schnell. Beide können deshalb rasch zu Konkurrenten für Douglasie, Eiche und Co. werden. Mit der Jungbestandspflege lässt sich nachsteuern.

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Kurz gefasst

  • In vielen Kyrillbeständen herrscht ein starker Pflegerückstand.
  • Die Jungbestandspflege dient vor allem zur Z-Baum- und Bedrängerauswahl.
  • Eine zusätzliche Wertästung der Z-Bäume erhöht den Bestandeswert.
  • Der Arbeitsaufwand je Hektar beträgt etwa 15 bis 20 Stunden.

Pflegepfade anlegen

Der Orkan Friederike und die Käferschäden haben viel Arbeit verursacht. In vielen Betrieben ist deshalb die wichtige Jungwuchspflege komplett ausgefallen. Nolte empfiehlt, zuerst Pflegepfade anzulegen, damit sich die jungen Bestände überhaupt bewirtschaften lassen. Hierzu am besten in einem festen Winkel zur Waldstraße oder Rückegasse – je nach Flächengröße – Pflegepfade im Abstand von 20 m zueinander anlegen. Dafür schneidet Nolte mit der Motorsäge 1 m breite Pfade in den Jungbestand. Mithilfe derer verschafft der Forstwirtschaftsmeister sich einen Überblick über den Bestand.

Mithilfe der schmalen Pflegepfade verschafft sich Nolte einen Überblick über den Bestand. Foto: Schildmann

Zukunftsbäume finden

Wer seine Schadflächen wiederaufforstet, hat in der Regel seine Baumartenwahl getroffen. Zusätzlich haben sich häufig Eichen oder Lärchen naturverjüngt, die es lohnt herauszupflegen. Der Aufwand, diese Zukunftsbäume zu finden, ist in rein naturverjüngten Beständen erheblich größer und erfordert Artenkenntnis. Denn anders als in gepflanzten Beständen können Waldbesitzer sich nicht an Pflanzreihen oder eingebrachten Baumarten orientieren.

In unserem konkreten Beispiel hat der Waldbesitzer in einen Fichtenvorbestand blockweise Eiche und Douglasie gepflanzt. Fichte, Birke und einige Lärchen haben sich natürlich angesamt. Im Zuge einer Mischwuchsregulierung sind bereits Pflegepfade angelegt worden.

Mit geschultem Auge macht sich Martin Nolte auf den Weg durch den Jungbestand. Er hält Ausschau nach vitalen und hochwertigen Zielbaumarten, berücksichtigt dabei aber auch vielversprechende „Raritäten“. Kurzum: Nolte geht auf Z-Baum-Suche.

Als Faustregel empfiehlt er 50 bis 70 dieser stabilen und gut bekronten Bäume je Hektar zu finden. Sie markiert der Forstwirtschaftsmeister mit Sprühfarbe. Mögliche Bedränger in einer anderen Farbe. Der Eingriff erfolgt also nicht flächig. Stattdessen findet eine gezielte Z-Baum-Förderung statt. Das schafft Struktur und spart zudem Kosten. Die Suche der Z-Bäume beansprucht im Schnitt drei bis fünf Stunden je Hektar.

Schere statt Säge

Neben der Z-Baum-Auswahl und dem Markieren von Bedrängern empfiehlt Martin Nolte eine zusätzliche Wertästung in Reichhöhe. Z-Bäume ab Maßkrugstärke ästet der Experte für Jungbestandspflege auf. Dieser Arbeitsschritt ist vor allem bei Totasterhaltern wie der Douglasie sinnvoll. Auch der ein oder andere unerwünschte Eichen- oder Lärchenast lässt sich in diesem Arbeitsschritt entfernen.

Als Werkzeug nutzt Nolte seit einiger Zeit eine Akkuschere. Diese sind aus dem Obst- und Weinbau bekannt, aber inzwischen auch im forstlichen Einsatz weit verbreitet. Möglich wäre auch eine spezielle Handsäge – geeignet für die Wertästung. Vorteil der Akkuschere ist aber ein glatter Schnitt und damit eine bessere Wundheilung des Baumes. Zudem ist die Arbeit schneller und ermüdungsfreier. Für dickere Äste über 4 cm Stärke ist die Schere aber nicht mehr geeignet. Darum trägt Nolte eine Handsäge am Werkzeuggurt mit sich. Zeitstudien zufolge benötigt ein geübter Forstwirt für die Z-Baumsuche, die Wertästung und das Markieren der Bedränger im Schnitt um die sechs Minuten. Im ungünstigsten Fall bis zu einer Viertelstunde. „Der Arbeitsschritt lohnt sich, weil wir eine astfreie Stammwalze erziehen“, motiviert Nolte.

Die Ästung in Reichhöhe steigert den Wert des Baumes.
Unser Experte nutzt hierzu eine Akkuschere. Foto: Schildmann

Bedränger beseitigen

In einem zweiten, gelösten Arbeitsschritt entfernt Martin Nolte die Z-Baum-Bedränger – durchschnittlich zwei bis vier Bäume je Z-Baum. Während für die Suche der Z-Bäume viel Fachkenntnis nötig ist, können ungeübte Waldbesitzer diesen Arbeitsschritt selbst erledigen – sofern sie sicher im Umgang mit der Motorsäge sind. In unserem Beispielbestand fällt Nolte die Bedränger mit einer Akku-Motorsäge. Das erzeugt weniger Lärm und schädliche Abgase. Weil er nur wenige Schnitte vornimmt und nicht dauerhaft sägt, genügt eine Akkuladung etwa für eine Arbeitsstunde. Grundsätzlich ist für diese Tätigkeit jede leichte Motorsäge geeignet.

Entscheidend ist bei diesem Verfahren die richtige Schnitttechnik. Nolte entfernt die Bäume nicht bodennah, sondern in etwa 1 m Höhe. Das ist ergonomischer und bietet den Vorteil, die Bäume kraftsparender zu Fall bringen zu können. Denn in dichten Beständen greifen die Kronen ineinander. Durch den erhöhten Schnitt sackt der Baum aus den Nachbarkronen und befreit sich sozusagen selbst. Hierzu stockt Nolte die Bedränger mit einem Schrägschnitt ab.

Bei etwas stärkeren Bäumen nutzt er den sogenannten Einknickschnitt. Hierbei wird der Bedränger in zwei verschiedenen ­Höhen auf gegenüberliegenden Stammseiten soweit eingeschnitten, bis nur noch wenige Zentimeter des Stammdurchmessers übrig sind. Dadurch entstehen zwei Scharniere.

„Der Zeitbedarf für die Gesamtmaßnahme beträgt 15 bis 20 Stunden je Hektar“, sagt Nolte. Im Unternehmereinsatz würden sich die Kosten auf 600 bis 800 €/ha beziffern.

Zur Jungbestandspflege zählt auch die Entnahme sogenannter Bedränger – sie sind Konkurrenten der Z-Bäume um Licht, Wasser und Nährstoffe. Foto: Schildmann
Die Bedränger entfernt Martin Nolte in einem zweiten Arbeitsschritt. Dafür verwendet er eine Akku- Motorsäge. Foto: Schildmann

Üblicherweise findet die Jungbestandspflege in den Sommermonaten statt. Neben praktischen Fertigkeiten ist für sie vor allem waldbauliches Wissen nötig. Hierzu zählt neben der Baumartenkenntnis auch Sachverstand über die ­unterschiedlichen Wuchs- und Lichtbedürfnisse. Denn die Konkurrenzsituation sollte richtig beurteilt werden. Dies lässt sich aber lernen: Forstliche Bildungszen­tren wie in Arnsberg bieten regelmäßig Fortbildungen zur Jungbestandspflege an.

Jungwuchs oder Jungbestand

Aus waldbaulicher Sicht unterscheiden sich Jungwuchs und Jungbestand vor allem durch seine Bestandeshöhe. Als Jungwuchs bezeichnen Förster einen natürlichen oder gepflanzten jungen Bestand bis zum Bestandesschluss – etwa in 2 m Höhe. Ein Jungbestand ist für Förster eine Dickung bis zum Stangenholzalter über 2 m Höhe bis zu einem Brusthöhendurchmesser von 15 bis 20 cm.

Einsatz für den Spacer

Die Jungbestandspflege ist auch mithilfe des „Spacers“ möglich. Um die notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse für das Pflegeverfahren zu vermitteln, ist beim Forstlichen Bildungszentrum in Arnsberg ein spezielles Schulungs­konzept entwickelt worden. Es vermittelt sowohl die waldbauliche Kompetenz als auch die technischen Fertigkeiten zur Umsetzung der Pflegeziele für den Anwender.


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