Auch die Buche hat den Folgen des Klimawandels kaum etwas entgegenzusetzen – wie dieser mehr als 120 Jahre alte Bestand zeigt. Foto: Schlotmann

Zukunft der Buche: Sorgenkind statt Herrscherin?

Schattentolerant und konkurrenzstark: Die Buche gilt als dominante Baumart und setzt sich hierzulande auf den meisten Standorten durch. Doch der Klimawandel setzt auch ihr zu. Ist die Dominanz bald passé?

Nordrhein-Westfalen ist Buchenland: Gut ein Fünftel der Waldfläche ist mit der Laubholzart bestockt. Besonders in Ostwestfalen-Lippe hat sich ein ganzer Industriezweig auf die Verarbeitung der Buche spezialisiert. Aber auch in diesem Jahr gibt es wieder erhebliche Buchenschadholzmengen. Denn auch die Buche ächzt unter der anhaltenden Trockenheit – verursacht durch den Klimawandel. Welche Zukunft hat die Buche in NRW?

[ihc-hide-content ihc_mb_type=“show“ ihc_mb_who=“4,7″ ihc_mb_template=“3″]
  • Der Buchenanteil in NRW beträgt rund 20 %.
  • Durch die Folgen des Klima­wandels verschlechtert sich die Gesundheit der ­Buche, die Schadholzanteile steigen.
  • Durch die klimabedingte Standort-Drift verschieben sich die Buchenstandorte immer weiter Richtung Norden.
  • Forstwissenschaftler untersuchen, inwieweit sich die Buche selbst an das Klima anpassen kann und welche waldbaulichen Hilfsmittel es gibt.

„Herbst schon im Sommer“

Die Buche ist die konkurrenzstärkste Baumart in unseren Wäldern. Zumindest bisher. Denn Forstwissenschaftler wie Dr. Bertram Leder vom Zentrum für Wald und Holzwirtschaft beobachten auch in diesem Sommer deutliche Anzeichen schlechter Gesundheit. Vielerorts bildete die Buche nur kleine Blätter, verfärbte diese schon im Sommer oder reagierte mit gerollten Blättern und Laubfall auf die Trockenheit. „Nur noch 22 % der Buchen in NRW sind gesund“, verdeutlicht Leder. Je nach Klimaszenario könnte dieser Anteil noch zunehmen. Bereits jetzt erwartet der Waldbauexperte in den kommenden Jahren deutlich weniger buchendominierte Flächen und 10 % weniger standortgerechte Buchenwälder. Besonders betroffen sind die Forstämter Arnsberger Wald und Hochstift – deren Buchenanteil liegt über 30 %.

Allerdings ist diese Entwicklung für alle Waldbesitzer Grund zur Sorge. Zum einen verlieren sie auf vielen Standorten neben der Fichte nun die nächste Baumart. Zum anderen wird die Wiederaufforstung noch einmal komplizierter. Außerdem ist die Buche auf vielen Flächen in Naturschutz- und FFH-Gebieten durch die entsprechenden Vorgaben „gesetzt“. Die Zukunft ist ungewiss.

Standort-Drift

Für Forstwissenschaftler ist jedenfalls gewiss: „Der Klimawandel ­ändert die Standortbedingungen.“ Experten wie Jakob Fei von der Forstlichen Versuchsanstalt in Baden-­Württemberg sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer Standort-Drift – die Ein­stufung der Standortfaktoren wie Wasser- und Nährstoffhaushalt ändert sich. Für die Buche bedeutet das eine starke Verschiebung Richtung Norden, erklärt Fei. Buchenwälder, auch gemischt mit Tanne oder Fichte, werden aufgrund des Klimawandels bis 2070 in Deutschland nahezu verschwinden, prognostiziert der Forstwissenschaftler. Es droht, dass die Buche in NRW dann nur noch in der Eifel und den Höhenzügen des Sauerlandes natürlich vorkommt – dort, wo einst die Fichte standortgerecht war. Mit dieser Verschiebung wird der Wald in NRW aber nicht komplett verschwinden.

Stattdessen übernimmt der Flaumeichenmischwald die heutigen Buchen­standorte – hier dominiert die südeuropäische Flaumeiche. Das ergibt die Auswertung von Klima­szenarien der Forstlichen Versuchsanstalt in Freiburg.

Buche ist „nachtragend“

Wie weit die Buche bereits unter den sich ändernden Bedingungen leidet, verdeutlicht Dr. Mathias Niesar, Waldschutzexperte im Zentrum für Wald und Holzwirtschaft. Während die Buche von 1986 bis 2001 die stabilste Baumart hinsichtlich des außerplanmäßigen Holzeinschlags war – ungeplante Nutzungen erfolgen beispielsweise durch Windwurf oder Käferfraß, – hat die Eiche sie seit 2001 abgelöst. Vor allem die Buchenkomplexkrankheit sorgt immer häufiger für Schadholz. Dabei ist der typische Buchenschleimfluss aber nur ein Symptom. Schadorganismen wie die Pfennig Kohlenkruste, der kleine Buchenborkenkäfer und der Buchenprachtkäfer setzen der Laubbaumart letztendlich zu. Dabei treten die Schäden oftmals erst Jahre nach der eigentlichen Schwächung auf. „Die Buche ist nachtragend“, sagt Niesar.

Schleimfluss­flecken sind Merkmal der Buchenkomplex­krankheit. Sie tritt beispiels­weise als Folge großer Witterungs­unterschiede auf.
Foto: Schlotmann

Neben den offensichtlichen Schäden verursacht der Wassermangel aber auch sogenannte Embolien: Die Buche verdunstet bei hohen Temperaturen über die Spaltöffnungen der Blätter Wasser. Kommt über die Wurzeln nicht genügend Wasser nach, reißt der Wasserfluss in den Leitungsbahnen im Stamminnern ab. Luftembolien sind die Folge. Hierdurch kommt es zum partiellen Absterben von Teilen der Krone oder zum vollständigen Tod der Buche.

Eine weitere Folge von Trockenstress hat Prof. Dr. Peter Spathelf von der Hochschule Eberswalde untersucht: Schließen die Bäume bei Trockenstress schnell ihre Spaltöffnungen, nehmen sie keinen Kohlenstoff mehr auf und drohen zu verhungern. In der Folge sterben die Buchen ab.

Anpassung ist nötig

Angesichts des schnell voranschreitenden Klimawandels stellen sich Forstwissenschaftler die Frage: „Wieweit kann sich die ­Buche neuen Bedingungen anpassen?“ Prof. Dr. Erwin Hussendörfer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf erforscht diese Anpassungsfähigkeit. Die Voraussetzung für eine hohe Anpassungsfähigkeit ist die genetische Variation innerhalb eines Individuums, innerhalb von Populationen und zwischen Populationen. Heißt: Buchen mit einer hohen genetischen Vielfalt sind besser in der Lage, sich dem Klima anzupassen, als andere. Genetische Unterschiede zeichnen sich beispielsweise in verschiedenen Herkünften ab.

Die genetische Vielfalt lässt sich aber ein Stück beeinflussen. Werden beispielsweise Pflanzen aus dem Saatgut nur weniger Mutterbäume angezogen, spricht der Forstgenetiker vom „genetischen Flaschenhals“. In der Praxis werden Saatgutbestände meist nach den Kriterien „Vitalität“ und „Qualität“ ausgewählt. Die genetische Vielfalt steht hierbei hintenan, denn die Zahl der Bäume in einem Saatgutbestand ist begrenzt. Bei der Naturverjüngung hingegen vermehren sich alle geschlechtsreifen Bäume eines Bestandes, weshalb die genetische Vielfalt größer ist.

Das gilt es nach Hussendörfers Meinung bereits bei den Durchforstungskonzepten zu berücksichtigen. Eine seiner Untersuchungen hat ergeben: Die gene­tische Vielfalt der verbliebenen Zukunftsbäume eines Bestandes ist geringer als die der entnommenen Bedränger – die Bäume schlechterer Stammqualität. Ein weiteres Untersuchungsergebnis: Die Bäume der Zwischenschicht eines Bestandes sind genetisch vielfältiger als die herrschende Schicht. Der Waldbauprofessor rät deshalb zum Umdenken: Die rasche Reduktion der Mutterbäume mit dem Ziel einer schnellen Naturverjüngung ist nicht zielführend. Bedeutet: femelartige, unregelmäßige Durchforstung.

„Verbuchung“

Unterschiedliche Waldbauprogramme haben die Buche seit Jahren „gepuscht“. Hierzu zählen unter anderem Waldumbauprogramme mithilfe von Buchen­voranbauten oder der typische Großschirmschlag in Buchenaltbeständen, um die Verjüngung zu fördern. Das Ergebnis: Gut 13 .000 ha Buchenwald in NRW haben sich ohne eine weitere Baumart naturverjüngt. Dr. Bertram Leder spricht hier von ­„Verbuchung“.
In diesen Beständen ist ein schrittweiser Waldumbau nötig. Aufgrund ihrer Konkurrenzstärke eine weitere Baumart zu etablieren, erfordert aber viel Fachkenntnis und verursacht mitunter hohe Kosten.
Die waldbauliche Strategie heißt: Struktur schaffen. Hierbei werden Bereiche durchforstet und andere nicht. Somit schafft der Waldbesitzer dunkle und lichtdurchflutete Bereiche. In den aufgelichteten Bereichen lassen sich dann sogenannte grüne Augen einbringen, sagt Leder. Damit meint der Forstwissen­schaftler eine trupp-, gruppen- oder horstweise Zeitmischung mit beispielsweise Nadelhölzern. Dazu zählen je nach Standort Douglasie, Weißtanne oder Lärche.

Buche nach Buche: Im Schatten ihrer Mutterbäume schafft es meist nur die Buche, sich natürlich zu verjüngen. Andere Baumarten sind chancenlos. Foto: Schlotmann

Grundsätzlich gilt für Buchenwälder dasselbe wie für andere Bestände: „Durch Mischung fitter“, unterstreicht Prof. Spathelf. Dort, wo die Buche ihre Dominanz verliert, treten Spitz- und Feldahorn, Hainbuche, Winterlinde sowie Sorbusarten wie die Elsbeere an ihre Stelle – diese Baumarten sind insgesamt trockenresistenter.

Ähnlich wie Hussendörfer empfiehlt auch Leder bei der Durchforstung umzudenken: Buchenbestände öfter, räumlich verteilt und mit deutlich geringerem Hiebsatz/ha pflegen. Trotz allem sind Dominanz- und Arealverluste der Buche in ihrem jetzigen Verbreitungsgebiet unausweichlich.

Der Beitrag entstand im Rahmen der Buchentagung organisiert vom Zentrum für Wald und Holzwirtschaft sowie der Veranstaltung zum Baum des Jahres der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.

www.buchentagung.de

[/ihc-hide-content]