
Wo überwintern Borkenkäfer wirklich?
Borkenkäfer überwintern in der Rinde von Fichten. Wie Forstwissenschaftler unlängst festgestellt haben stimmt das nur bedingt. Denn ein Teil sucht sein Winterlager in der Bodenstreu. Lässt sich das zur Bekämpfung nutzen?
Der Befall von Fichten durch den Buchdrucker hat sich in den vergangenen Monaten fortgesetzt. Die Waldschutzexperten von ThüringenForst haben im September 500 000 Festmeter frischen Stehendbefall erfasst. Etwas weniger als erwartet, aber immer noch vergleichbar mit den Jahren 2021 und 2020. Die Folgen des Klimawandels für die heimischen Wäldern gipfeln für Thüringens Waldbesitzer damit weiterhin in einem akuten Forstschutzproblem.
Aber auch in Nordrhein-Westfalen findet die Borkenkäferkalamität kein Ende. Die Waldschutzexperten des Zentrums für Wald und Holzwirtschaft haben sich allerdings aufgemacht, weitere Erkenntnisse über die Überwinterungsstrategie des Borkenkäfers zu gewinnen.
Untersuchungen haben gezeigt, dass ein nicht wesentlicher Anteil der Buchdrucker (Ips typographus) auch in der Bodenstreu überwintert – statt wie bisher oftmals angenommen ausschließlich in der Rinde von Fichten.
Aktuell untersucht das Team Wald- und Klimaschutz des Zentrums für Wald und Holzwirtschaft, wann Buchdrucker den stehenden Baum verlassen, um in den Boden abzuwandern. Die Forstwissenschaftler versuchen dabei eine Antwort auf die Frage zu finden, ob dieser Vorgang genetisch, durch die Temperatur, die Tageslichtlänge, den Entwicklungszustand der Käfer oder zufällig gesteuert wird.
Konkret soll festgestellt werden, ob der erste Frühfrost im Herbst für den Buchdrucker die Abwanderung auslöst und wie hoch der Anteil der Käfer ist, welcher in der Rinde überwintert.

Rohr bündig anliegend befestigen zu können. Den Buchdruckern ist es nicht möglich aus der steilen und glatten
Rinne hinaus zu krabbeln. Der zusätzlich Plastikschutz verhindert, dass Käfer durch Wind oder Vogelfraß verlorengehen. (Foto: A. Lieffertz)
Daraus ließe sich möglicherweise eine „Herbst-Deadline“ ableiten, bis zu der die Aufarbeitung und Abfuhr der forstschutzrelevanten Fichten im Spätjahr erledigt sein müsste.
Um das Problem der ausschwärmenden, bodenüberwinternden Käfer im Frühjahr und den daraus resultierenden neuen Stehendbefall in den angrenzenden Beständen bestmöglich vorzubeugen, müssten demnach forstschutzrelevante Käferbäume noch vor den ersten Frosttagen unschädlich gemacht werden. Wegen der aktuell herrschenden milden Witterung haben die Experten des Zentrums in Arnsberg (Hochsauerlandkreis) als „Deadline“ den ersten Advent festgelegt.

Der Mann vor Ort. Im waldreichen Hochsauerland aufgewachsen, lag das Forststudium in Göttingen nahe. Seit mehr als sechs Jahren ist der Forstingenieur nach Stationen in einem privaten Forstunternehmen und einem Forsteinrichtungsbüro als Fachjournalist tätig. Als Waldbesitzer und aktiver Jäger hält er engen Kontakt zur Praxis. So kommen die besten Berichte und Reportagen zustande.