Der wirtschaftliche Wert vieler Bestände liegt nach wie vor auf der Fichte. Deshalb wird die Baumart häufig mit hohem Risiko in Reinbeständen und auf Grenzstandorten angebaut. Die Mischung mit anderen Baumarten würde den Fichtenbestand deutlich stabilisieren sowie Windwurf und Trockenstress vorbeugen. Foto: krick/agrar-press

Was hält der Wald aus? Prof. Christian Ammer im Interview

Der zurückliegende Sommer hat die Schwächen der Wälder schonungslos aufgedeckt. Inwieweit hat der Wassermangel die heimischen Gehölze beeinträchtigt und welche Zukunft haben Buche und Fichte grundsätzlich?

Wassermangel, hohe Temperaturen und zunehmender Schädlingsbefall – diese unmittelbaren Folgen des Klimawandels haben die Wälder in den zurückliegenden Monaten geschwächt. Der volle Umfang der Folgen für die Forsten lässt sich derweil noch gar nicht abschätzen. Klar ist nur eines: Die Wälder müssen an die Klimaänderungen angepasst werden. Wie das möglich ist und welche Rolle fremdländische Baumarten dabei spielen, haben wir Professor Dr. Christian Ammer gefragt, Leiter der Abteilung Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen an der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Universität Göttingen.

Prof. Dr. Christian Ammer

Die Mischung macht´s

Weil sich Trockenjahre wie dieses künftig häufen könnten, muss der Waldbesitzer handeln. Der „waldbauliche Werkzeugkasten“ bietet da mehrere Möglichkeiten. Empfehlenswert sind grundsätzlich Mischbestände. Allerdings ist nicht jede Mischung erfolgversprechend. „Je unterschiedlicher die Ansprüche der Arten, desto besser ergänzen sie sich“, erklärt Waldbauprofessor Ammer und fährt fort: „Treibt eine Art beispielsweise früher aus als eine andere, konkurrieren die Arten zum jeweiligen Blattaustrieb nicht um Nährstoffe.“ Außerdem spielt das Wurzelsystem eine entscheidende Rolle: Tief wurzelnde Baumarten erreichen das Wasser in tiefer liegenden Bodenschichten. Durch die über feinste Wurzelverletzungen austretende Feuchtigkeit in den Oberboden können andere Baumarten profitieren. Mit der richtigen Kombination von Baumarten lässt sich der Wald stabilisieren.

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Wasserspeicher auffüllen

Sofern die Ansprüche der Arten unterschiedlich sind, bringt bereits ein Mischbestand aus mehreren Nadelgehölzen einen Vorteil für das Waldgefüge. Denkbar ist in diesem Fall ein Mischbestand aus Fichte und Weißtanne. Da die Ansprüche an Wasser und Nährstoffe aber bereits bedingt durch deren Entwicklungsgeschichte sehr verschieden sind, empfiehlt Prof. Ammer einen Mischbestand aus Laub- und Nadelholz. Ein hoher Laubholzanteil ist seiner Expertise zufolge schon deshalb nützlich, weil die Bäume im Winter unbelaubt sind und sich darum der Bodenwasserspeicher wieder auffüllen kann. Ein bemessener Nadelholzanteil sichert dagegen einen wirtschaftlichen Wert. Inwiefern fremdländische Laub- und Nadelbaumarten sich für den Anbau in den heimischen Regionen eignen, bleibt für den Waldbauforscher fraglich.
Letztlich stehen für ihn Produktivität und Trockenheitstoleranz nicht allein im Vordergrund – Kaukasus- Fichte, Küstenmammutbaum und die Zerreiche müssen auch die Aspekte des Naturschutzes und der Anbauwürdigkeit erfüllen. „Bislang fehlen uns noch weitreichende Erfahrungen im Anbau fremdländischer Baumarten“, urteilt Prof. Ammer und ergänzt: „Zwar gibt es vielversprechende Anbauten, flächig betrachtet werden fremdländische Baumarten, von wenigen Ausnahmen wie der Douglasie abgesehen, eine Randerscheinung bleiben – und meiner Meinung nach auch zu Recht.“ Deshalb ist es für den Göttinger Waldbauprofessor wichtig, das Anpassungspotenzial der heimischen Baumarten zu nutzen und weiter zu erforschen.

Nadelholz bleibt gefragt

Trotz der vielen Vorteile von Laubholz fokussiert sich der wirtschaftliche Wert auf das Nadelholz. „Einige Kollegen sehen die Küstentanne als Ersatzbaumart für die Fichte. Ich persönlich bin da vorsichtiger, weil Erfahrungen hinsichtlich ihrer Trockentoleranz fehlen. Außerdem wächst sie so schnell, dass sie aufgrund der dadurch beeinflussten Holzeigenschaften für einige Verwendungen nicht bzw. nur bedingt geeignet ist“, erklärt Prof. Ammer. Für ihn beschränkt sich das Baumartenspektrum bei den Nadelgehölzen deshalb auf die klassischen fünf Koniferenarten Fichte, Kiefer, Lärche, Weißtanne und Douglasie. Als Ersatz für die Fichte scheidet die Kiefer aber aus – wegen der unterschiedlichen Standortansprüche. „Vor allem die Weißtanne wird künftig eine größere Rolle spielen und die Fichte mancherorts ersetzen“, schätzt der Professor ein.

Kein Wunderbaum

Die Douglasie ist bereits eine Alternative, aber auch sie ist nicht frei von Insektenbefall. Außerdem ist noch nicht abschließend erforscht, wie die Baumart auf wiederholte Trockenjahre reagiert. „Übrigens zeigte sich bereits in verschiedenen Gegenden Deutschlands, dass auch die Douglasie von Schäden durch Sturm nicht verschont bleibt. Auch sie ist nicht der Superbaum“, gibt der Waldbauforscher zu bedenken. Ein weitaus höheres Potenzial als bislang, räumt Prof. Ammer der Lärche ein – besonders in der Mischung mit Buche. In Gegenden, die seit Längerem mit Trockenheit zu tun haben, zum Beispiel in Unterfranken, wurde früher systematisch mit Lärche und Buche aufgeforstet. Als Mischbaum art erzeugt die Lärche dort gute Qualitäten. Hinsichtlich der Wasserspende spricht auch einiges für die sommergrüne Baumart. Neben der Wahl der Baumarten in künftigen Kulturen ist die Behandlung der jetzt vorhandenen Wälder entscheidend. „Wir sollten wegen des Klimawandels keinen heute 25-jährigen Fichtenbestand abhacken“, erklärt der Göttinger Fachmann. Aus diesem Grund hat er Strategien erforscht, mit diesen jungen Beständen umzugehen. Besonders in der Fichte hat sich gezeigt, dass sich durch intensive, wiederholte Durchforstungen der Wasserhaushalt verbessern lässt. Die Bestände sind in extremen Jahren zwar auch durch Trockenstress beeinflusst, erholen sich aber schneller. Kurzum: Bestandespflege lohnt sich auch hinsichtlich der Wasserversorgung.

Buche ein Sorgenkind?

In vielen Regionen liegt das wirtschaftliche Gewicht der Forstbetriebe auf der Buche. Gleichzeitig gilt sie als trockenheitsanfällige Baumart. „Ich glaube, die Buche ist eine Art, über die wir weniger wissen, als wir denken. Ich gebe aber zu, dass sie in Sommern wie diesem an ihre Grenzen stößt“, sagt Prof. Ammer. Seiner Aussage nach gibt es aber kaum Alternativen für die Baumart, denn ein großflächiger Waldumbau ist innerhalb von 50 Jahren unmöglich. Hinsichtlich der Wiederbewaldung nach dem Sturm Friederike und den Käferholzhieben empfiehlt Prof. Ammer, Eiche und Edellaubholz zu pflanzen – wo es standörtlich möglich ist. Diese Mischung ist jedoch nicht für Betriebe geeignet, die kurzfristig Gewinne erzielen wollen oder müssen. Für diese Forstbetriebe sind Mischbestände mit Beteiligung der Douglasie sicherlich eine Option. Eine dritte Variante ist die natürliche Wiederbewaldung ohne eine sofortige Investition. In 20 bis 30 Jahren ließen sich dann unter dem Vorwald weitere Baumarten einbringen.

Gehölze passen sich an

„Noch ist man sich uneinig, wie viel Stress unsere heimischen Baumarten tatsächlich aushalten“, sagt Dr. Christian Ammer, Waldbauprofessor von der Universität Göttingen. Allerdings sind die heimischen Gehölze ein Stück weit in der Lage, sich selbst den Klimabedingungen anzupassen: Ein Kollege von ihm fand heraus, dass die Buche in trockenen Regionen holzanatomisch andere Eigenschaften aufweist als in feuchten Gegenden. Das bedeutet, es gibt innerartliche Anpassungen. In diesem konkreten Fall haben sich die wasserleitenden Gefäße der Buchen in Trockengebieten verkleinert, aber ihre Anzahl vergrößert. Große Gefäße entwickelten sich in feuchteren Gebieten. Bäume mit wenigen großen Gefäßen sind aber vermutlich anfälliger für Embolien. Hier kann der Wasserstrom durch einen Lufteintritt abreißen. Bei kleinen Gefäßen geschieht das deutlich seltener. Es ist aber noch offen, ob solche oder andere Anpassungen ausreichen, um den Folgen des Klimawandels entgegenzutreten. Inwieweit genetische Anpassungen eine Rolle spielen, kann Prof. Ammer zufolge noch nicht abschließend beurteilt werden.

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