Die Fichte stirbt nun auch bestandsweise in über 700 m NN. ab. Foto: K I Photography/stock.adobe.com

Waldzustand: Die Fichte stirbt weiter

Die Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2022 des Bundes verdeutlichen den schlechten Zustand der Fichte. Aber auch Buche und Kiefer zählen zu den "Sorgenkindern".

Wie geht es dem deutschen Wald? Seit Mitte der 1980er Jahren wird diese Frage regelmäßig im Waldzustandsbericht der Bundesregierung sowie der Länder thematisiert. In Berlin hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir nun den Waldzustandsbericht 2022 vorgestellt.

Die drei Rekordtrocken- und Hitzejahre 2018, 2019, 2020 haben gezeigt, dass der Klimawandel endgültig und für alle sichtbar im deutschen Wald angekommen ist. Die positiven Effekte des „normalen“ Wetters 2021 haben nicht ausgereicht, um den Zustand des Waldes nachhaltig zu verbessern. Zumal das Jahr 2022 wieder zu trocken und überdurchschnittlich warm war. Drei Winterstürme in kurzer Abfolge im Februar 2022 haben zu mehr Windwurf und somit zu mehr Totholz geführt.

Der schlechte Zustand des Waldes betrifft alle Hauptbaumarten (Fichte, Kiefer, Buche, Eichen). Für das Jahr 2022 ist der Anteil der Bäume mit deutlichen Kronenverlichtungen mit 35 % genauso hoch wie 2021. Nur jeder fünfte Baum ist ohne Warnstufe. Besonders betroffen sind weiterhin ältere Bäume über 60 Jahre: 42 % zeigen deutliche Schäden. Von den Bäumen unter 60 Jahren haben 15 % deutliche Schäden, aber auch ihr Zustand weist im Verlauf der letzten Jahre einen negativen Trend auf.

Die mittlere Kronenverlichtung aller Bäume hatte nach dem ersten Trockenjahr in der Erhebung von 2019 einen deutlichen Sprung auf 25,1 % gemacht (nach 22,0 % in 2018). Sie verbleibt auch 2022 mit 25,9 % auf ähnlich hohem Niveau.

Die Hauptbaumarten im Überblick

Fichte

Bei der Fichte ist der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen von 46 % auf 40 % gesunken. Das geht jedoch teilweise auf das Absterben von Bäumen mit schlechtem Zustand zurück. Auf die Warnstufe entfielen 36 % (vgl. 2021: 32 %). Ohne Verlichtungen waren 24 % (vgl. 2021: 22 %). Die mittlere Kronenverlichtung ist mit 29,6 % fast unverändert. Im Vergleich zu den anderen Baumarten weist die Fichte die höchste Absterberate auf (4,4 %). Im Gegensatz zum Vorjahr zeigt die Fichte eine stärkere Fruchtbildung und befindet sich damit auf höherem Niveau als im Jahr 2021.

Fichte: Immer weniger geplante Holzernte.

Kiefer

Im Vergleich zum Vorjahr ist bei der Kiefer der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen von 25 %
auf 28 % gestiegen. Verglichen mit dem Jahr 2018 hat sich der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen um 13 Prozentpunkte deutlich erhöht. Auf die Warnstufe entfielen unverändert 59 % (vgl. 2021: 59 %). Ohne Verlichtungen waren nur noch historisch niedrige 13 % (vgl. 2021: 16 %). Die mittlere Kronenverlichtung steigt 2022 um einen Prozentpunkt auf 23,9 %. Die Fruchtbildung der Kiefer ist im Vergleich zu 2021 leicht gestiegen. So fruktifizierten 56 % aller Bäume, davon circa 21 % mittel und 9 % stark.

Buche

Bei der Buche ist der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen mit 45 % auf dem Niveau des Vorjahres. Auf die Warnstufe entfielen 34 % (vgl. 2021: 39 %). Der Anteil ohne Verlichtungen hat sich mit 21 % (vgl. 2021: 16 %) verbessert. Die mittlere Kronenverlichtung hat sich leicht verbessert auf 27,5 %. Die Ergebnisse zeigen, dass 28 % der Buchen fruktifiziert haben. Dies war ein höherer Anteil als im Vorjahr, aber deutlich geringer als in den Mastjahren 2018 und 2020.

Eiche

Bei der Eiche ist der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen von 41 % auf 40 % leicht gesunken. Der Anteil der Warnstufe stieg dagegen auf 41 % (vgl. 2021: 40 %). Ohne Verlichtungen waren
unverändert 19 % (vgl. 2021: 19 %). Die mittlere Kronenverlichtung ist von 26,9 % auf 26,1 % geringfügig gesunken. Die Fruchtbildung der Eiche ist im Vergleich zu 2021 stärker.

Vier von fünf Bäumen sind krank

Bis 2020 war die mittlere Kronenverlichtung bei Laubbäumen deutlich höher als bei Nadelbäumen. Seit 2020 sind Buche und Eiche von der Fichte überholt worden. Die Fichte weist damit aktuell den zweitschlechtesten Wert seit Beginn des Monitorings 1984 auf.

Der Zustand der Kiefer verschlechtert sich seit 2016 kontinuierlich. Mit 23,8 % mittlere Kronenverlichtung wurde 2022 ein trauriger Rekord erreicht. Seit Beginn der Waldzustandserhebung gab es bei der Kiefer noch nie so wenige Bäume ohne sichtbare Schäden.

Die Fruchtbildung war 2022 bei allen Baumarten hoch. Bäume mit deutlichen Schäden wiesen auch hohe Fruktifikationsraten auf. Bei der Buche konnte beobachtet werden, dass häufig vorkommende Jahre mit hoher Fruchtbildung ein Indikator für hohe atmosphärische Stickstoffeinträge sind.

Fichten leiden unter Wassermangel und Borkenkäfer

Die Absterberate stieg 2022 für die Fichte auf einen neuen Rekordwert. Sie reagieren deutlich auf den durch die Trockenjahre hervorgerufenen Wassermangel im Boden. Im Jahr 2019 kam es erstmals zu einem flächigen Absterben von Beständen. Der Borkenkäfer hat die vorgeschädigten Fichtenbestände besonders stark befallen. Nun zeigt sich: Die Fichte stirbt in tieferen Lagen unterhalb von 700 m großflächig ab.

Aber auch die Buche, die bisher weniger auffällig war, ist von Hitze- und Trockenstress gezeichnet. Auch die bisher als trockenheitsangepasst geltende Kiefer weist seit 2019 einen zunehmend höheren Anteil an Schäden auf. Sie stirbt noch nicht in dem Maße wie andere Baumarten ab, aber der Gesundheitszustand verschlechtert sich.

Der Buche geht es zunehmend schlechter.

Mehr Klimaschutz nötig!

Einfache technische Lösungen zur Verbesserung des Waldzustands, wie sie in den 1980er Jahren etwa durch Luftfiltertechnik und Waldkalkung praktiziert wurden, werden nicht möglich sein. Klimaschutz und die Minderung von Stickstoffeinträgen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft sind ebenso notwendig wie die Umgestaltung unserer Wälder.

Der Bodenwasserspeicher hat sich trotz der günstigen Witterung 2021 in einigen Regionen Deutschlands nicht vollständig aufgefüllt. Insbesondere durch die Winterstürme im Februar 2022 ist zu vermuten, dass der Schaderregerbefall, besonders durch Borkenkäfer, weiter zunimmt. Durch die großen Schadflächen werden die Ökosystemfunktionen des Waldes nachhaltig gemindert.

Kronenverlichtung – was bedeutet das?

Wichtiger Indikator zur Bewertung des Kronenzustandes ist die Kronenverlichtung, also die Abweichung der begutachteten Bäume von einem voll benadelten bzw. voll belaubten gesunden Baum. Diese Abweichung schätzen spezielle Inventurteams in 5-Prozent-Stufen. Die Ergebnisse werden für die Bewertung zusammengefasst in „ohne“, „schwache“ und „deutliche Kronenverlichtungen“. Ab 25 % spricht man von deutlicher Kronenverlichtung.

Alle Ergebnisse im online

Die wichtigsten Ergebnisse fasst eine Broschüre des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) zusammen.

Hier finden Sie die Ergebnisse einzelner Bundesländer.