Waldbesitzer sollten Fichtenreinbestände mit vorhandener Fichten-Naturverjüngung schrittweise durch Voranbau in Mischwälder umwandeln. (Bildquelle: K.Schlotmann)

Wald(um)bau mit Fichte

Die Fichte zählt zu den Verlierern des Klimawandels. Trotzdem wird sie nicht komplett aus den Wäldern verschwinden. Waldbauern müssen die Nadelbaumart aber richtig behandeln, damit zukunftsfähige Bestände und Verjüngungen entstehen.

Sturm, Trockenheit und Borkenkäferfraß haben bewiesen, dass die meisten Fichtenbestände nicht an den Klimawandel und dessen Folgen angepasst sind. Während manche die Fichte komplett abschreiben, bleibt sie für Waldbesitzer aus verschiedenen Gründen ein Thema. Klar ist aber: Die waldbaulichen Fehler der Vergangenheit dürfen sich nicht wiederholen.

Reinbestände umbauen!

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Rund die Hälfte des Fichtenvor­rates Nordrhein-Westfalens ist der Sturm- und Borkenkäferkalamität zum Opfer gefallen. Auch in Bayern sind auf großer Fläche aus den gleichen Gründen Fichtenbestände abgestorben. Wenngleich Fichtenreinbestände seltener geworden sind, ist die Baumart weiterhin auf großer Fläche in Beständen und Verjüngung vorhanden. Hier besteht Handlungsbedarf, um die Wälder schrittweise in Misch­bestände umzubauen, meint Wolfgang Stöger von der bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Ziel sind für den Forstwissenschaftler standortangepasste, naturnahe, strukturreiche und risikoärmere Mischwälder. Hier kann die Fichte auch künftig eine wichtige Rolle spielen, ist sich Stöger sicher und ergänzt: „Wenn wir aber künftige Kahlflächen vermeiden wollen, müssen wir die Fichtenanteile begrenzen.“
Denn obwohl die Laubholzanteile bundesweit seit Jahren zunehmen und Fichte sowie Kiefer weniger Anteile an der Naturverjüngung einnehmen, verjüngt sich auf sehr vielen Schadflächen vor allem die Fichte – und das oft flächen­deckend. Das Problem: weil es perspektivisch wärmer und trockener wird, gerät die Fichte künftig noch häufiger in Trockenstress, was Schadinsekten eine Massenvermehrung vereinfacht. Grundsätzlich sind laut Stöger höhere Temperaturen zwar prinzipiell positiv – weil die Vegetationsperiode verlängert wird –, kombiniert mit längeren Trockenphasen wirken sie sich aber nachteilig auf die heimischen Baumarten aus. Bei der Fichte kommt das deutlich höhere Borkenkäferrisiko dazu. Dadurch sinkt die Holzproduktion: Der Waldbauexperte erwartet für den Zeitraum 2012 bis heute geringere Zuwächse, verglichen mit dem Zeitraum 2002 bis 2012.
Mischwälder sind eine Lösung des Problems. Stöger zeigt anhand langjähriger Datenreihen, dass Fichten-­Buchen-Mischbestände deutlich produktiver sind, als Reinbestände der jeweiligen Art. Ein Grund dafür sind die unterschiedlichen Wurzelsysteme von Fichte und Buche, die eine bessere Nährstoffausnutzung, einen besseren Bodenzustand und insgesamt stabileres Gesamtgefüge ergeben. Auf diese Weise ließe sich die Versorgung mit Fichtenholz zumindest ein Stück weit sicherstellen. Unabhängig davon bieten Mischwälder einen höheren Erholungswert, eine bessere Trinkwasser­qualität und höhere Artenvielfalt. Wichtige Aspekte, die zur Akzeptanz eines Mischbestandes bei­tragen können.

Waldumbau, aber wie?

Wenngleich die Vorteile des Mischbestandes für sich sprechen, lässt sich dieser nicht von jetzt auf gleich etablieren. Voraussetzung für den Umbau vorhandener Fichtenforste sind stabile Fichten-Altbestände, betont Stöger. Die jetzigen Fichtenbestände lassen sich mithilfe von Durchforstungen stabilisieren. Die Eingriffe sollten aber nicht zu stark erfolgen, sondern in enger Abfolge stattfinden. Mit den Durchforstungen steigt auch der Wertzuwachs des Bestandes, motiviert Stöger.
Unter dem Schirm der Fichten lassen sich frühzeitig klimatolerante Baumarten einmischen. Praktisch geschieht das durch Vor­anbau über Saaten oder Pflanzung. Geeignete Baumarten sind für den bayerischen Forstwissenschaftler beispielsweise Buche, Tanne und Douglasie, mitunter auch Eiche und Winterlinde – sofern die Baumarten zum Standort passen. Je nach Mischungsart und -anteil ist der waldbauliche Aufwand nicht unerheblich, gibt Stöger zu bedenken. Denn die Konkurrenz um Licht und Nährstoffe sollten Waldbesitzer nicht unterschätzen. Das gilt aber nicht nur für den Waldumbau, sondern auch für die Freifläche. Diese werden in den meisten Forstbetrieben derzeit eine größere Rolle spielen.

Mischen mit System

Auf den meisten Schadflächen wird die Fichte sich wieder natürlich ausbreiten. Ursache ist das riesige Samenreservoir durch die Altbestände im Boden. Umso wichtiger ist es, hier Mischbaumarten einzubringen, wo immer es möglich ist, rät Stöger. Darüber hinaus kann die Fichte auch als Zeitmischung beteiligt bleiben. Vorhandene Fichten-Naturverjüngung „abzurasieren“ wird nur auf besonders kritischen Bereichen eine Option sein.
Ohne den schützenden Schirm des Altbestandes kann der Konkurrenzdruck durch Gras, Brombeere und Adlerfarn ebenso zum Pro­blem werden, wie Spätfrost, Schnee und Sonnenbrand. Ohne verdunkelnden Schirm lassen sich auf den Schadflächen lichtbedürftige Baumarten für die Mischung nutzen. Hierzu zählen Edellaubhölzer, Kirsche und Eiche. Zudem spielen Weichlaubhölzer wie Birke, Aspe, Vogelbeere und Weide als Vorwaldbaumarten eine entscheidende Rolle.
Sie puffern die Nachteile des Freiflächen­klimas für die Ziel­baum­arten ab. Die Zielbaumarten empfiehlt Stöger kleinflächig und punktuell als Ergänzung oder Anreicherung in die Naturverjüngung einzubringen. Dabei sollten Waldbauern aber die Wuchs­dynamik der Baumarten berücksichtigen. Denn nur mithilfe „spannungs­armer“ Mischungen lässt sich der waldbauliche Aufwand gering halten.

Fördern statt entrümpeln

Was heißt das konkret? Weil auch Fichtennaturverjüngung einzelne Mischbaumarten enthält, gilt es, diese rechtzeitig, kontinuierlich und gezielt zu fördern. Die Fichte selbst empfiehlt der Waldbauexperte durch eine frühzeitige positive Pflege aufzulockern und so zu stabilisieren. Waldbauliches Ziel ist, starke Durchmesser in kurzer Zeit zu erreichen.
Bis zu einer Bestandeshöhe von 2 bis 4 m heißt es deshalb: genau beobachten und die Weichen für die Zukunft stellen. Damit meint Stöger potenzielle Ziel- oder Zukunftsbäume entsprechend den Kriterien Vitalität, Stabilität und Qualität auszuwählen – am besten im Abstand von 8 bis 12 m zueinander. Als Eingriff wird in diesem Bestandesalter die Mischung reguliert und die Zielbäume punktuell gefördert und freigestellt. Dabei wird nicht „entrümpelt“ und unerwünschtes aussortiert, vielmehr richtet sich der Blick zum „Erwünschten“. Um die Vorteile des Dichtstandes – bei hohen Laubholzanteilen – zu nutzen, soll ­„Dickung, Dickung bleiben“, so Stögers Tipp. Die Kontrolle und Förderung der Z-Bäume sollten Waldbesitzer alle fünf Jahre wiederholen. Auf diese Weise ist ein stabiles Wachstum sichergestellt.
Ein etwas anderes Vorgehen rät der Forstwissenschaftler bei dichter, flächiger Fichtennaturverjüngung. Reichen die jungen Fichten etwa bis zur Hüfthöhe, sollte die Stammzahl deutlich reduziert und der Standraum der Bäume erweitert werden. Nur so lässt sich frühzeitig für einen stabilen Wuchs sorgen. In der Praxis heißt das: Mithilfe des Freischneiders Pflanzverbände von beispielsweise 2 x 2 m oder 3 x 1 m schaffen.
Noch vor der Z-Baum-Auswahl bzw. Differenzierung empfiehlt Stöger aber dringend Rückegassen und Pflegepfade anzulegen. Damit lassen sich die künftigen Arbeitsschritte und Pflegemaßnahmen vereinfachen sowie der Bestand und seine Entwicklung besser beobachten.

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