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topplus Betrieb Wolff-Metternich

Warum Brombeeren bei der Waldanpflanzung auch nützlich sein können

Auf dem Betrieb Wolff-Metternich starten die Bäume auf den wiederaufgeforsteten Flächen durch und die Probleme mit Wildschäden nehmen ab. Das liegt auch an einem Quälgeist: der stacheligen Brombeere.

Lesezeit: 7 Minuten

Wenn man wissen will, wie ­naturnahe Wiederaufforstung aussehen könnte, kann man sich mit Förster Wolfgang von Wolff-Metternich und seinem Sohn Leopold treffen. In diesem Frühjahr haben wir den Familienbetrieb in Höxter nach 2020 und 2022 bereits zum dritten Mal besucht. Uns hat interessiert, wie es aktuell um die zwischen 2018 und 2020 wiederaufgeforsteten Flächen bestellt ist.

Bedingt durch den Sturm Friederike, die Dürren und den massiven Borkenkäferbefall stand die Familie von Wolff-Metternich vor der gigantischen Aufgabe, rund ein Drittel der Fläche wieder aufzuforsten. Bis heute hat der Betrieb ca. 140.000 Bäume auf annähernd 70 ha gepflanzt.

Eckpunkte der Maßnahmen: grobe Räumung der Flächen mit dem Bagger, nutzen und fördern von Naturverjüngung, pflanzen von standortgerechten Baumarten in Mischung, Pflanzung als Heister (1,20 m +) mit modifiziertem Erdbohrer, weitgehender Verzicht auf Zäune und Einzelschutz, minimale Pflegeeingriffe, gezieltes Regulieren des Wildbestandes.

Sieben bis acht Baumarten

Die Faustregel für die Flächen sind mindestens fünf standortgerechte Baum­­arten in Mischung plus zwei bis drei aus der Naturverjüngung. So finden sich auf den neu begründeten Flächen minimal sieben bis acht unterschiedliche Baumarten.

Vorsichtig ist der Betrieb übrigens bei Herkünften aus anderen, vor allem südlichen Regionen. Diese bringen zwar eventuell eine höhere Toleranz gegen Trockenheit mit. Unsicher ist aber, wie widerstandsfähig die Bäume gegen Frost sind. Im Jahr 2022 gab es noch im Frühjahr Frost bis unter - 20 °C. Südliche Herkünfte und fremdländische Arten bringt der Betrieb deshalb nur sehr dosiert in die Mischung ein.

Durch die Auswahl von Großpflanzen konnten die von Wolff-Metternichs weitgehend auf Pflegemaßnahmen verzichten. Vor allem auf den Fichten­kalamitätsflächen war der Unkrautdruck durch die vormals dunklen Bestände zur Startphase eher gering. Wolfgang von Wolff-Metternich be­richtet, dass die Flächen im ersten Jahr nach der Neubegründung ein rotes Meer von Fingerhut waren. Denn dessen Samen können Jahrzehnte im Boden überdauern.

Ab dem Folgejahr breiteten sich Brombeere und Himbeere aus. Die lästigen Ranken verursachen normalerweise viel Arbeit. Doch der ostwestfälische Förster sieht vor allem ihre Schutzfunktion. Denn eine Besonderheit des Betriebes ist der Bestand an Sikawild. Die schwierig zu bejagenden Tiere verbeißen auch größere Pflanzen, die sie mit dem Rumpf herunterdrücken und abknicken. Sie wagen sich aber nicht gerne in ein stacheliges Gestrüpp.

Bei unserem Besuch waren die als Heister gepflanzten Bäume aus den Brombeeren herausgewachsen, aber von einem dichten Gestrüpp umgeben. Die Verbissschäden hatten dadurch deutlich abgenommen.

Der Förster musste sich allerdings für die ausgebliebene Kulturpflege teils rechtfertigen. Denn für einige Flächen hatte er Fördermittel in Anspruch genommen. Es hat etwas Überzeugungsarbeit gekostet, bis sich der Kontrolleur auf die Sichtweise eingelassen hat, dass die Brom- und Himbeeren als Verbissschutz dienen und in diesem Fall eher positiv zu bewerten sind.

Förderung: Viele Kontrollen

Den Kontrollaufwand im Zusammenhang mit Fördermaßnahmen stuft Wolfgang von Wolff-Metternich übrigens als deutlich zu hoch ein. EU, Bund und Land schickten unabhängig voneinander Kontrolleure. Das ließe sich für alle Seiten schlanker gestalten, findet er.

In der 2018 gepflanzten Kultur machen die Bäume bereits zu, sodass die Brombeere langsam ausdunkelt. Insgesamt betrachtet der Betrieb die Wiederbe­waldung bisher als Erfolg. Das sei auch das Feedback von Kontrolleuren und anderen Förstern, sagt Wolfgang von Wolff-Metternich, der auch in der ANW, der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft aktiv ist. 

Trotz der stacheligen Ranken kam es in einigen Kulturen doch zu Wildschäden, besonders bei der Roteiche. Zum Zeitpunkt unseres zweiten Besuchs 2022 hatten die Sikas gerade reihenweise Roteichen abgeknickt. Die von Wolff-Metternichs haben die Bäume allerdings nicht ersetzt, sondern zunächst die Reste mit Wuchshüllen geschützt. Die vitalen Roteichen entwickelten daraufhin einen kräftigen neuen Trieb und schoben extrem gut nach. Der Förster ist optimistisch, dass die Bäume den Schaden so kompensieren können. Wahrscheinlich sei aber bei einigen später ein Pflegeschnitt notwendig. In einigen Bereichen gibt es einen dichten Birkenaufschlag. Wolfgang und Leopold von Wolff-Metternich stufen die Birken grundsätzlich als förderlich ein. Sie bilden einen Schirm für Baumarten wie bspw. die Buche.

Starke Naturverjüngung

Die Natur sei viel schneller, als man denke, sagt der Förster. So stellt sich an vielen Stellen direkt wieder Naturverjüngung ein. Hier ist die Hoffnung des Betriebes, dass sich die Phänotypen durchsetzen, die besser mit den extremeren Bedingungen klarkommen.

Wo die Birke aber zu dicht steht, beginnen die Waldbesitzer sie bereits mit der Heppe auszulichten: „Ich halte den früheren pauschalen Ansatz, Weichholz komplett zu entfernen, für falsch. Die Maßnahme muss sich nach den Ansprüchen der Zielbaumart richten. So kann man die dienenden Eigenschaften besser nutzten.“

In vielen Bereichen der geräumten Flächen ist die Naturverjüngung sehr stark – das ist ein wichtiges Ziel des Betriebes. Denn die so verjüngten Bäume sind oft vitaler als die gepflanzten.

Leopold und Wolfgang von Wolff-Metternich zeigen uns das beim Rundgang am Beispiel von naturverjüngten Lärchen, die in direkter Nachbarschaft zu Pflanzen aus der Baumschule stehen. Die angesamten Bäume stehen deutlich besser da, sodass sogar die gepflanzten später gegebenenfalls rausgepflegt werden könnten. Auf einer anderen Fläche stehen stattliche Küstentannen, die für reichlich Nachwuchs gesorgt haben.

Doch bei zu viel Naturverjüngung, vor allem von Nadelholz, greifen die von Wolff-Metternichs regulierend ein. Das Ziel mit 70 % Laub- und 30 % Nadelbaumarten wollen sie halten. Zudem ist das auch in Zusammenhang mit den Fördermaßnahmen relevant.

Robuste Tanne

Weißtannen bringt der Betrieb aktiv ein, vor allem in Beständen mit Buchen. Diese Pflanzen erhalten einen Einzelbaumschutz, wenn sie fürs Wild gut zu erreichen sind. In Bereichen mit Brombeere pflanzt der Betrieb auch ohne Schutz. Die Forstexperten sind sicher, dass es die Weißtanne unter den Ranken gut aushält.

Förster Wolfgang von Wolff-Metternich formuliert es so: „Die Weißtanne hat anders als wir Menschen Geduld. Sie überlebt die Brombeeren und schießt dann durch.“ Der Betrieb möchte den Einsatz von Weißtanne noch deutlich ausbauen.

Bei unseren ersten Besuchen hat uns Wolfgang von Wolff-Metternich seine Mammutbäume gezeigt, für die er eine besondere Leidenschaft pflegt. Vor allem in den ersten Jahren brauchten die Sequoias mehr Fürsorge als andere. Sie wurden im Weitverband gepflanzt und regelmäßig mit dem Freischneider ausgekesselt. Denn sie sind empfindlich gegen Pilzinfektionen, die sich bei Windruhe schneller entwickeln. Die ersten Mammutbaum-Exemplare sind aktuell mehr als 3 m hoch. Jetzt wachsen sie schnell und konkurrenzstark.

Projekt Habitatbäume

Neben den großen Kalamitäten haben die Schäden vor allem an älteren Buchen, aber auch an anderen Arten deutlich zugenommen. Der Betrieb hat sich hier entschieden, ausgewählte absterbende Bäume stehen zu lassen und der Naturschutzbehörde als Habitat-Baum zu melden.

Wenn man nur die kranken und absterbenden Bäume entnimmt, kann es einen sogenannten Dominoeffekt geben. Denn die plötzlich freistehenden Nachbarbäume sind dann den extremer werdenden Witterungseinflüssen ausgesetzt werden. Darauf reagiert besonders die Buche empfindlich. Ganz besonders wichtig ist der Erhalt des intakten Waldklimas.

Bleiben die Habitatbäume stehen, bleibt auch das Waldinnenklima stabil, ist Wolfgang von Wolff-Metternich überzeugt: „Das ist für den Fortbestand unserer alten Wälder so wichtig und fördert die Biodiversität!“

Der Baum wird mit einer Nummer und einem Logo gekennzeichnet und per GPS eingemessen. Bei v. Wolff-Metternich sind das vor allem Buchen und einzelne Eichen, Weichlaubhölzer eignen sich wegen der kürzeren Standdauer weniger.

Ein Vergütungssystem, bei dem die Habitatbäume beispielsweise als Ausgleich für Baumaßnahmen (Windkraft) honoriert werden könnten, ist noch in der Diskussion. Naturnahe, gemischte Aufforstungen, die gut dastehen, die Kombination mit gelenkter Naturverjüngung und gekennzeichnete Habitatbäume inmitten sich selbst verjüngender Bestände. Wenn man das sieht, möchte man die Kritiker der deutschen Forstwirtschaft nach Höxter holen und ihnen zeigen, dass die Branche längst viel weiter ist.

Ihre Meinung?

Wie sind Ihre Erfahrungen bei der Aufforstung, dem Verbissschutz und den Brombeeren? Schreiben Sie gerne an deter@topagrar.com. Die interessantesten Leserbriefe veröffentlichen wir immer freitags.

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