Die Bad Driburger Lärchen zeichnen sich durch besonders lange und gerade Schäfte aus, so wie diese etwa 120-jährige Europäische Lärche. (Bildquelle: Stratmann)

Geadelte Lärchen

Qualität und Wuchsleistung machen die Lärche zu einer Wiederbewaldungsoption. In Bad Driburg ­haben wir uns eine Herkunft genauer angeschaut.

Nachdem der Klimawandel den Fichtenanbau in Zukunft drastisch einschränkt, eröffnet sich für die Europäische Lärche die Option auf deutlich größeren Flächen. Denn auf ausreichend Nadelholz kann die heimische Forstwirtschaft auch künftig nicht verzichten. Wie groß das Potenzial der „winterkahlen“ Lärche ist, zeigen unsere Nachbarn: In ­Österreich wachsen Lärchen auf einem Viertel der Waldfläche.

Lärchenanbau in NRW

Waldbesitzern, die durch den Kurpark in Bad Driburg spazieren, werden die hohen Lärchen nicht entgehen. Die geraden, astfreien und starken Schäfte fallen ins Auge und erinnern nicht nur Kenner an die Ergebnisse zurückliegender Nadel-Wertholzauktionen, bei denen Lärchenstämme oft die Spitzenreiter waren. Manchem Waldbesitzer wird dann zusätzlich noch einmal bewusst: Wo der Borken­käfer keine Fichte am Leben lies, wachsen benachbarte Lärchen vital weiter.
Der deutsche Anbauschwerpunkt der Europäischen Lärche liegt heute im nordwestdeutschen Mittelgebirge, besonders entlang der Weser. Hier gibt es weitere Altbestände, die den Driburger Lärchen kaum nachstehen. Wenngleich der Lärchenanbau in NRW nur gut 3 % und auch bundesweit nur wenige Prozent erreicht – einschließlich der Japanischen Lärche –, hat das verschiedene Gründe: An erster Stelle die generelle Bevorzugung der Fichte, zumal die Lärche hinsichtlich Bestandspflege und Standort anspruchsvoller ist. Häufig waren es aber auch die vielen Misserfolge im Anbau um die Mitte des zurückliegenden Jahrhunderts, verursacht durch die Verwendung ungeeigneter Herkünfte, sowie billigem Saatgut aus den Zentralalpen. Schlechte Stammformen und mäßiger Wuchs verbunden mit Krebsbefall haben den Lärchenanbau erheblich in Verruf gebracht.

Herkunft ist entscheidend

Die verbreiteten Misserfolge im Lärchenanbau führten vor 60 Jahren zu umfangreichen, europaweiten Herkunftsversuchen. Schon zwei Jahrzehnte später war offenkundig: Die Herkunft ist der entscheidende Faktor. Diesbezüglich lagen Lärchen aus den Sudeten und dem Wienerwald (Nordost-Alpen) weit vorn. Die Lärchen im Driburger Wald sind eindrucksvoller Beweis. Das erklärt auch, weswegen die Lärchen in Bad Driburg auf großer Fläche als Saatgutbestände anerkannt sind und als „Sonder­herkünfte“ geadelt wurden.
Für die Europäische Lärche kommt eine breite Standortpalette in ­Betracht. Die Nährstoffansprüche sind eher gering, das tief reichende Wurzelwerk sorgt auch bei mäßiger Bodenfrische noch für aus­reichend Wasserversorgung. Mittel tiefgründige Sonnhänge und Plateaus bieten sich bevorzugt an – flachgründige Hanglagen, nasse und verdichtete Böden sowie kalte, luftfeuchte Täler sind für einen Anbau nicht geeignet.
Wenn beim Anbau der Europäischen Lärche Herkunft und Standort beachtet werden, dann sollten auch die beiden Risiken Lärchenkrebs und Lärchenborkenkäfer überschaubar bleiben.

Mischwaldbaumart

Zur Risikominimierung gehört der Anbau in Mischbeständen – in Zeiten des Klimawandels ohnehin
ein Muss. Besonders interessant sind hier Laubmischwälder, in denen die Lärche den Nadelholzanteil stellt. Auch dazu bieten die zwischen 70 und 170 Jahre alten Driburger Bestände anschauliche Waldbilder mit Buche und Edellaubholz. Die beigemischten Fichten sind in den vergangenen Jahren weitgehend dem Käfer zum Opfer gefallen. Wenn die älteren Driburger Saatgutbestände mit rund 130 Jahren „nur“ Brusthöhendurchmesser von bis zu 70 cm erreichen, dann liegt das an der Bestandspflege: Lärchen müssen frühzeitig freigestellt werden, um große, leistungsfähige Kronen entwickeln zu können. Für die Wert- und Starkholzproduktion mit Europäischer Lärche sind also regelmäßige Durchforstungen dringend nötig.
Lärchenholz hat gute technische Eigenschaften und ist vielseitig verwendbar, die hohe Dauerhaftigkeit bezeugen unzählige Holzbauten in den Alpen. Für die Wertholzproduktion ist jedoch eine frühzeitige Wertästung der unteren Stammabschnitte erforderlich, für Privatwaldbesitzer eine der lohnendsten Eigenleistungen überhaupt. Den Lohn werden allerdings erst die Enkel von der Auktion nach Hause tragen, dann vielleicht pro Stamm einige Tausend Euro.

Aus Harpke nach Bad Driburg

Die Europäische Lärche kommt von Natur aus nicht in NRW vor. Ihre natürliche Verbreitung beschränkt sich auf begrenzte Gebiete mit Schwerpunkt in den Alpen – in Deutschland nur bei Berchtes­gaden und Garmisch-Partenkirchen –, in der Tatra und den Sudeten. In Westfalen werden Lärchen erst seit Mitte des 18. Jahrhunderts angebaut. Aus dieser Zeit (1785) stammen auch die Vorfahren der Driburger Bestände. Wahrscheinlich hat sie Caspar Heinrich Graf von Sierssdorpff mitgebracht, nachdem er 1781/82 das Bad gekauft hatte. Als braunschweigischer Oberjägermeister kannte er die Veltheim’schen Anpflanzungen in Harpke bei Helmstedt, wo sich Lärchen aus den Sudeten überaus erfolgreich bewährt hatten. Noch heute zählen die Harpker Lärchen wegen ihrer hohen Zuwachsleistung, guten Schaftform sowie Fein­astigkeit und damit überdurchschnittlichen Wertleistung zu den besten Herkünften in Deutschland.

Autor: Dr. Josef Stratmann