Um in jungen Fichtenbeständen die Stammzahl zu senken, hat das Forstliche Bildungszentrum in Arnsberg-Neheim ein spezielles Arbeitsverfahren entwickelt. Kernstück der Methode ist der Freischneider mit angebautem Sägeblatt. Für den Einsatz im Forstbereich sind Geräte ab 2,3 PS nötig. Foto: Schlotmann

Fichten frühzeitig frei stellen

Waldpflege beginnt bereits im jungen Bestandesalter. Insbesondere die Fichte benötigt rechtzeitig Platz zum Wachsen. Ein neues Verfahren zeigt Ihnen, inwieweit hierbei der Freischneider von Nutzen sein kann.

Früh, oft, mäßig – diese Faustregel gilt vor allem beim Waldbau mit der Fichte. Dahinter steckt die Idee, mit rechtzeitigen Durchforstungen die Stammzahl zu reduzieren, um das Verhältnis von Baumhöhe zum Baumdurchmesser zu stärken. Jedoch ist das Absägen junger Bäume mit der Motorsäge anstrengend und kostet viel Zeit. Hier kommt der Freischneider ins Spiel. Das Forstliche Bildungszentrum in Arnsberg-Neheim (FBZ) hat ein spezielles Arbeitsverfahren entwickelt, mit dem Waldbauern Zeit und Kraft sparen.

Stark und sturmfest

Anton Wilhelm ist Forstwirtschaftsmeister und Arbeitslehrer am FBZ in Arnsberg. Jedes Jahr bringt er den Auszubildenden zum Forstwirt die Läuterung – so der Fachausdruck für Durchforstungen in jungen Beständen – mit dem Freischneider bei. Deshalb weiß Wilhelm, worauf es ankommt.

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„Vor jeder Maßnahme muss sich der Waldbesitzer ein Ziel abstecken“, sagt Anton Wilhelm. Bei der Läuterung von Fichtenbeständen geht es darum, einen möglichst hohen Brusthöhendurchmesser (BHD) des Baumbestandes zu erreichen, der bei der Erstdurchfors­tung ausscheidet. Das bringt den höchsten Gewinn ein. Konkret heißt das, die Stammzahl/ha unter 2000 Fichten zu senken, erklärt der Experte. Dabei scheiden vor allem Stämme aus, die krumm oder besonders klein sind. Außerdem Zwiesel oder sogenannte Protzen. Das sind besonders breite und buschige Bäume. Vorwüchsige und auffällig vitale Fichten gilt es zu fördern.
Oftmals unsicher sind Waldbauern, wann der optimale Zeitpunkt ist, mit der Maßnahme zu beginnen. Der Forstwirtschaftsmeister hat hierfür eine Faustregel: „Der optimale Pflegezeitpunkt ist bei einer durchschnittlichen Baumhöhe zwischen 2 und 3 m.“

Der Grund: In diesem Wuchsstadium ist die Fläche noch gut überschaubar und eine Auswahl lässt sich leichter treffen. Zudem ist sichergestellt, dass an den abgeschnittenen Stöcken keine Grün­äste verbleiben. Somit ist der Wurzelstock nicht mehr überlebens­fähig. Jahreszeitlich empfiehlt Anton Wilhelm eine Läuterung im Winter, nachdem der Saftfluss abgeschlossen ist.
Bei der Arbeitsplanung gibt es nicht viel zu berücksichtigen. Das Arbeitsverfahren ist unabhängig von Pflanzreihen – im Gegensatz zum Mähen in einer gepflanzten Kultur. Einzig bei der Arbeit am Hang sollte der Waldbauer beachten, parallel zur Neigung zu laufen. Das erleichtert die Arbeit und verhindert, mit dem Sägeblatt in den Boden zu schneiden.

Damit die Fichtenstubben absterben, dürfen keine grünen Ästquirle am Baumstumpf bleiben. (Foto: Kevin Schlotmann)

Schneiden auf Nummer sicher

Den Freischneider oder die Motorsense kennen viele Waldbesitzer nur aus der Gartenarbeit. Darum werde die Gefahr, sich mit dem Gerät verletzen zu können, unterschätzt, sagt der Arbeitslehrer. Deshalb weist er auf die entsprechenden Sicherheitsvorschriften hin. Für den Waldbauern ist es zwingend nötig, einen Gesichtsschutz zu tragen. Außerdem einen Gehörschutz, Sicherheitsstiefel und Handschuhe. Eine Schnittschutzhose ist nicht vorgeschrieben, aber sinnvoll, gibt Wilhelm zu bedenken. Auch das Tragen eines Schutzhelmes ist nicht vorgeschrieben, außer, wenn bei der Arbeit mit Kopfverletzungen zu rechnen ist.
Für den Freischneider selbst ist zu beachten, dass ein Schneidschutz über dem Sägeblatt montiert sein muss.
Beim Schneiden mit dem Sägeblatt ist aus Sicherheitsgründen der Bereich zwischen 12 und 2 Uhr zu vermeiden. Das Sägeblatt verursacht einen Schlag zur Seite, wenn es mit dieser Stelle auf ein festes Hindernis trifft – ähnlich dem „Kickback“ bei der Motorsäge.

Mithilfe der Lochleiste am Führungsrohr des Freischneiders stellt der Waldbauer die Entfernung zum Boden ein. (Foto: Kevin Schlotmann)

Schneiden wie der Profi

Die Arbeitstechnik bewertet Wilhelm als unkompliziert. „In gut drei Tagen ist das Verfahren zu erlernen“, sagt er. Entscheidend ist es, mit dem Sägeblatt stets bei voller Drehzahl des Freischneiders zu arbeiten. Das verhindert unnötige Vibrationen und sorgt für saubere, glatte Schnitte. Außerdem lässt sich eine Fällrichtung vorgeben. Sehr dünne Stämme unter 3 cm Durchmesser lassen sich in eine Richtung fällen, indem schwungvoll entgegen der Fällrichtung geschnitten wird. Bei Stämmen bis 7 cm gibt es die Möglichkeit, durch die Blattneigung eine Richtung fest­zulegen.
Wird das Sägeblatt schräg von unten links nach oben rechts durch den Stamm geführt, fällt der Baum aus Sicht des Bedieners nach hinten rechts.
Sägt der Waldbauer von oben links nach unten rechts, fällt der Baum nach hinten links. Hierfür sei allerdings ein wenig mehr Übung nötig, gibt der Arbeitslehrer zu bedenken.
Um einzelne dickere Stämme über 7 cm Durchmesser abzuschneiden, muss der Waldbauer sie gegebenenfalls von beiden Seiten ansägen und anschließend umdrücken.
Je nach Bestandesalter bzw. -höhe und Stammzahl gibt Anton Wilhelm eine Leistung zwischen 15 bis 25 Stunden/ha an.
Die Planzeit für einen Forstwirt beträgt bei einer mittleren Höhe des ausscheidenden Bestandes von 2,5 m 19,9 Stunden/ha, wenn 25.000 Bäume ausscheiden.

Der Schultergurt soll das Gewicht des Freischneiders gleichmäßig auf Schultern und Becken verteilen. (Foto: Kevin Schlotmann)

Es lohnt sich immer

Eine Läuterung schlägt mit rund 700 €/ha zu Buche. Kritiker sind der Meinung, dass sich ohne eine Läuterung feinere Äste entwickeln. Außerdem würden die stärksten Bäume genetisch unterlegene Fichten im Laufe der Zeit aussortieren.
Hingegen sind Befürworter der Ansicht, dass regelmäßige Waldpflege sich vor allem in Fichtenwäldern positiv auswirkt. Denn Untersuchungen zufolge sind die Bestände gegenüber Umwelteinflüssen stabiler, die Baumdurchmesser sind gleichmäßiger verteilt und das Wurzelwerk der Bäume ist kräftiger entwickelt. Außerdem ist der Konkurrenzdruck um Wasser und Nährstoffe geringer. Diese Einschätzung teilt auch Anton Wilhelm.

Entspannt halten und führen

Die Läuterung mit dem Freischneider hat einen Nachteil: Der Waldbauer muss das Werkzeug während der Arbeit tragen. Um nicht allzu schnell zu ermüden, ist die richtige Einstellung von Tragegurt und Griffbügel wichtig.
– Der Doppelschultergurt dient dazu, das Gerätegewicht möglichst gleichmäßig auf den ganzen Körper zu verteilen. Dabei soll der Druck nicht allein auf den Schultern des Bedieners lasten, sondern auch auf dessen Becken. Deshalb sollte sich der Waldbauer vor der Arbeit ausreichend Zeit nehmen, um den Schulter-, Brust- und Beckengurt möglichst fein einzustellen. Für Waldbäuerinnen bieten einige Hersteller spezielle Doppelschulter­gurte an.
– Der Freischneider wird so angehängt, dass sich das Sägeblatt etwa 30 cm waagerecht über dem Boden befindet. Bequem ist, wenn sich der Gerätehaken des Doppelschulter­gurtes rund 10 cm über dem Beckenknochen befindet. Die Fein­justierung erfolgt mithilfe der Aufhängeöse am Führungsrohr des Freischneiders. Die Öse lässt sich versetzen, je nach Hersteller gibt es stattdessen eine Einhängelochleiste.
– Für eine angenehme Haltung der Arme sorgt die Einstellung des Griffbügels. Um eine natürliche Armhaltung zu erreichen, sollte der Anwender den Griffbügel möglichst weit links befestigen – vom Werkzeug aus betrachtet, da das Gerät an der rechten Körperseite hängt. Die Entfernung der Griffe ist richtig gewählt, wenn der Armwinkel etwa 120° beträgt. Dabei sollten die Handgelenke gerade sein.

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