Neben dem Anbau anderer Baumarten und der richtigen Herkunftswahl stehen vor allem Mischbestände im Zentrum forstlicher Anpassungsstrategien. Foto: sailer/stock.adobe.com

Buchenwald durch Mischung klimafitter?

In den zurückliegenden Sommern litten selbst Buchen unter der Trockenheit. Forstwissenschaftler der Uni Freiburg haben untersucht, inwiefern die Beimischung von Weißtannen die Stabilität der Bestände verbessern kann.

Eine große waldbauliche He­rausforderung besteht darin, risikobehaftete Waldbestände zu klimastabilen Wäldern umzuformen. Neben dem Anbau anderer Baumarten und Herkünfte stehen vor allem Mischbestände im Zentrum forstlicher Anpassungsstrategien. In der Vergangenheit lagen hierbei oft Fichten- und Kiefernreinbestände im Fokus bei Waldumbau- und Anpassungsstrategien. Inzwischen zählt auch die Buche hierzu. Doch es scheint eine Lösung zu geben: Die Beimischung der Weißtanne.

Forschungsprojekt

Durch die Trockenheit in den Sommern 2018 und 2019 wurde deutlich, dass selbst Buchenwälder in ihrem natürlichen Verbreitungsraum großflächig von massiven Trockenschäden mit erheblichen Kronenverlichtungen und erhöhten Absterberaten betroffen sein können. Dies sehen Forstwissenschaftler als deutlichen Vorboten einer zunehmenden Empfindlichkeit von Buchenwäldern gegenüber Trockenereignissen.

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In diesem Zusammenhang untersuchte das vom Waldklimafond geförderte Verbundvorhaben „BuTa­Kli“ mit Beteiligung der Universität Freiburg und des Karlsruher Instituts für Technologie, inwiefern die Beimischung von Weißtanne in Buchenwäldern bzw. die Entwicklung von Buchen-Tannen-Mischwäldern die ökologische und sozioökonomische Stabilität dieser Wälder im Vergleich zu Reinbeständen erhöht.

Annahmen der Experten

Grundlage für dieses Projekt war die Annahme, dass die Mischung einer tiefwurzelnden und daher vergleichsweise trockenstresstoleranten, einheimischen Nadelbaumart – der Weißtanne – mit der flächenmäßig bedeutsamsten Laubbaumart – der Buche – zu überwiegend positiven Wechselbeziehungen führt. Weitere Annahmen der Forstwissenschaftler:

  • Besseres Wachstum und schnellere Regeneration der Buchen nach Dürren.
    Vermutlich sorgt die tiefwurzelnde Tanne als biologische Wasserpumpe für die Umverteilung von Bodenwasser. Dadurch würde Wasser aus tieferen Bodenschichten für die flacher wurzelnden Buchen verfügbar.
  • Positive Effekte auf die Durchwurzelung des Bodens sowie auf dessen Kohlen- und Stickstoffhaushalt durch die tiefwurzelnde Tanne.
  • Die Tannenbeimischung könnte künftig zur Minderung der „Nadelholzlücke“ beitragen, die wegen des Rückgangs der trockenheitsempfindlichen Fichte prognostiziert wird.
  • Die Erwartungen an die Tanne als stabilisierende Mischbaumart sind hoch. Die Erkenntnisse über tatsächlich beobachtbare Auswirkungen waren bis dato dagegen noch gering. In dem Projektverbund wurden daher grundlegende Effekte einer Tannenbeimischung in Buchenbestände untersucht.

Erhöhtes Wachstum

In Mischbeständen wiesen sowohl Tannen als auch Buchen höhere jährliche Radialzuwächse auf als in Reinbeständen. Der Wuchseffekt war bei der Tanne stärker ausgeprägt als bei der Buche. Ein Anstieg des Tannenanteils erhöhte das Volumenwachstum von Buchen auf trockenen Standorten deutlich. Auf mäßig trockenen und feuchten Standorten traf dies allerdings nicht zu. Die strukturelle Mischung wirkte sich ebenfalls positiv auf den Zuwachs von Buchen aus und verbesserte ihn auf mäßig trockenen Standorten deutlich. Mit Ausnahme eines Standorts erhöhte sich der bestandesbezogene Grundflächenzuwachs der Tanne mit zunehmender Beimischung der Buche, während der Grundflächenzuwachs der Buche nicht beeinträchtigt wurde vom zunehmenden Tannenanteil.

Anmerkung: Die Bestandesgrundfläche ist die Summe aller Kreisflächen einer Baumart je Hektar, gemessen in 1,3 m Höhe.
Eine Beimischung von Tannen beschleunigte zudem die Erholung von trockenheitsbedingten Zuwachseinbußen von Buchen. Dies bestätigt ähnliche Befunde aus ­anderen europäischen Buchen-Tannen-Beständen.

In Mischwäldern profitieren die einzelnen Baumarten auch wegen ihrer unterschiedlichen Wurzelsysteme voneinander. So können Pfahlwurzler wie die Weißtanne tiefere Bodenschichten erschließen und so Wasser für andere Baumarten verfügbar machen. (Bildquelle: T. Weich)

Wasserhaushalt und Boden

Bei entspanntem Bodenwasserhaushalt verbesserte eine Beimischung von Tannen den Wasserhaushalt von benachbarten Buchen. Unter trockenen Bedingungen konnte dies allerdings im Freiland nicht nachgewiesen werden. Als Grund für besseres Wachstum und beschleunigte Regeneration der Buchen mit Tannenbeimischung wurde der „hydraulische Lift“ vermutet. Hierbei könnte verfügbares Wasser aus tieferen Bodenhorizonten über das Pfahlwurzelsystem der Tanne erschlossen und in weniger tiefe, trockenere Bodenhorizonte wieder abgegeben werden. Von dieser hydraulischen Wasserumverteilung könnten weniger tief wurzelnde Baumarten, wie die Buche profitieren, wenn die oberen Bodenhorizonte austrocknen. Im Projekt ButaKli war der „hydraulische Lift“ allerdings nur unter sehr trockenen, kontrollierten Bedingungen im Gewächshaus bei jungen Tannen und Buchen nachweisbar.
Tannenbeimischungen erhöhten die Bodenkohlenstoffspeicherung und damit die Kohlenstoff-Senkenfunktion des Bodens im Vergleich zu Buchenreinbeständen. Dadurch entstehen weitere Effekte wie eine verbesserte Filterkapazität für Schadstoffe, eine erhöhte Wasser- und Nährstoff-Speicherung, Verstärkung des Erosionsschutzes und nicht zuletzt eine höhere Verfügbarkeit von anorganischem Stickstoff – Nitrat-, Nitrit- und Ammonium-Stickstoff – in der Streu.

Ökonomisch betrachtet

Die öffentliche Wahrnehmung von Buchen-Tannen-Mischwäldern ist überwiegend positiv. Im Vergleich zu Reinbeständen werden ihnen eine bessere Erfüllung von kulturellen, regulierenden und unterstützenden Ökosystemleistungen zugemessen.
Eine aktive Tannenbeimischung führt in Buchenbeständen trotz erhöhter Einbringungs- und Pflegekosten sowie möglicher Produktivitätsverluste durch Klimawandel zu einem höheren Kapitalwert. Eine Bewirtschaftung wird dadurch rentabler als im Buchenreinbestand. Voraussetzung ist der Anbau auf risikoarmen Standorten, niedrige Kosten für Wildschutzmaßnahmen und eine Einbringung in junge Buchenbestände. Eine Verkürzung der Produktionszeiten der Tanne wirkt sich zusätzlich positiv auf den Kapitalwert aus, da sich Trockenheitseffekte in höheren Altern anhäufen. Allerdings fällt der Kapitalwert des Buchen-Tannen-Mischbestandes hinter den eines Buchenreinbestandes zurück, wenn erhöhte Kosten durch Wildschutzmaßnahmen wie Wuchshüllen und Zaun nötig werden.

Die Wurzelsysteme unterschiedlicher Baumarten, zum Beispiel Tanne, Buche und Fichte. (Zeichnung: Cirkel)

Wo Tannen beimischen?

Potenzielle Flächen für die Entwicklung von Buchen-Tannen-Mischbeständen bestehen vor allem in den zukünftigen Rück­zugsgebieten der Fichte, hier idealerweise über Vorausverjüngung. Deutlich geringer sind die Flächenpotenziale in bereits bestehenden Buchenbeständen ab der Stangenholzphase. Sehr junge Buchennaturverjüngungsflächen, in denen etwa Fehlstellen mit Tanne ausgepflanzt werden könnten, blieben bei der Potenzialstudie ­unberücksichtigt. Werden diese Flächen und zusätzlich neue Verjüngungsflächen, die durch Ern­temaßnahmen in älteren Buchenbeständen entstehen könnten, mit eingeplant, wird sich auch in ­Buchenbeständen das bisher begrenzte Flächenpotenzial deutlich erhöhen.
Autoren: Rüdiger Unseld, Dominik Sperlich, Julia Schwarz und Jürgen Bauhus, Universität Freiburg

Zusammenfassung

Mischbestände ermöglichen eine Risikostreuung, falls eine oder mehrere Baumarten ausfallen oder in ihrer Vitalität beeinträchtigt werden. Sie können durch positive Wechselwirkungen zwischen Baumarten auch die Resistenz und Anpassungsfähigkeit erhöhen. Strukturierte Mischbestände von Baumarten, die auch zukünftig standortsangepasst sind, gelten als besonders ­klimastabil.
In Wirtschaftswäldern sollten die ökologischen Funktionen sowie die bisherigen Ökosystemleistungen inklusive ökonomischer Funktionen erhalten bleiben. In der Vergangenheit lagen oft Fichten- und Kiefernreinbestände im Fokus bei Wald­umbau- und Anpassungsstrategien. Die Trockenheitsereignisse im Sommer 2018 und 2019 haben gezeigt, dass selbst Buchenwälder in ihrem natürlichen Verbreitungsraum großflächig von massiven Trockenschäden mit erheblichen Kronenverlichtungen und erhöhter Absterberate betroffen sein können. Dies weist deutlicher auf eine zunehmende Empfindlichkeit von Buchenwäldern gegenüber Trockenheit hin, deren Häufigkeit und Intensität künftig zunehmen soll.
Das Projekt Buchen-Tannen-Mischwälder zur Anpassung von Wirtschaftswäldern an Extremereignisse des Klimawandels (BuTaKli) wurde vom Waldklimafond des Bundeslandwirtschaftsministeriums gefördert.

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