Folienlagerung von Baumstämmen: Waldschutzwirksam ist nur jene Variante, bei der die Folie um das Borkenkäfer-befallene Holz luftdicht verschweißt wird. Dann wird den Schädlingen der Sauerstoff entzogen. Foto: Schißbauer

Borkenkäfer: Was hilft?

Originelle Borkenkäfer-Bekämpfungsverfahren: Alle scheinen interessant, die Herleitung klingt meist plausibel. Doch welche eignen sich in der Praxis?

Bei der Bekämpfung von Borkenkäfern gibt es immer wieder Ansätze, die auf den ersten Blick interessant erscheinen. Beispielsweise der „Elektrische Stuhl“ für den Borkenkäfer: Diese Technik arbeitet mit der Wirkkraft der elektrischen Leitfähigkeit, um so Borkenkäfer abzutöten. Das Problem ist allerdings, dass bei einer Anwendung in Sekundenbruchteilen auch irreversible Schäden an lebenden Bäumen auftreten können – Verbrennungen, Überhitzung, Austrocknung von Leitungsbahnen. Befallene Fichten müssten zudem vorher identifiziert werden – die Befallssuche wäre also trotzdem unumgänglich. Welche Ansätze sind praktikabel?

Auch 2022 geht die Massenvermehrung des Buchdruckers weiter. Foto: lukjonis/stock.adobe.com
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Kurz gefasst
– Inzwischen gibt es viele Ansätze, Borkenkäfer zu bekämpfen.
– Praxistauglich ist vor allem saubere Waldwirtschaft sowie das Entrinden der Stämme.
– Grundlage ist eine rechtzeitige und sorgfältige Befallskontrolle.

Mikrowellenstrahlen

Die Mikrowellenstrahlung als Bekämpfungsmethode bezieht sich in erster Linie auf Schädlingsvernichtung in Kulturgütern wie Statuen oder Möbeln. Mikrowellenenergie wird an Wasser- und Fettmolekülen in Wärme umgewandelt. Bei einer Anwendung zur Borkenkäferbekämpfung am stehenden Baum würden unter der Rinde sitzende Käfer – aber eben auch die Leitungsbahnen bzw. das Kambialgewebe des Baums – stark erhitzt werden.

Im Stamm wären irreversible Schäden am lebenden Gewebe zu erwarten. Auch eine einstellbare Eindringtiefe der Mikrowellen bis knapp unter die Rinde würde zu Schäden führen. Denn durch bereits vorhandene Einbohrlöcher können Pilze eindringen. Bei frischem Käferbefall ist der Baum aufgrund des hohen Pheromonspiegels sehr fängisch. Darüber hinaus ist auch durch das beim Befall austretende Bohrmehl ein hoher Pheromonpegel vorhanden. Es ist daher zu erwarten, dass nach der Behandlung der Befall am betreffenden Baum durch umherfliegende Käfer weitergeht.

Fazit: Nicht praxistauglich.

Männchen sterilisieren?

Das Verfahren der Sterilisation ist schon länger bekannt. Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, den männlichen Teil einer Insektenpopulation zu sterilisieren, unter anderem durch (radiologische) Bestrahlung oder Chemikalien. In Amerika wurde eine derartige Lösung gefunden, um das Fortschreiten einer Population von Fruchtfliegen zu verhindern – was aber nur für diese konkrete Population wirkt.

Beim Borkenkäfer, besonders dem Buchdrucker, trifft diese Bekämpfungsmethode aber nicht den Kern des Problems. Denn die massenhaft auszusetzenden behandelten Käfer befallen trotzdem Bäume. Zudem werden diese durch die Pheromonabsonderung unzählige weitere Käfer anlocken – unter den angelockten werden wiederum auch fruchtbare Käfer sein.

Es müssten unzählige Buchdrucker gezüchtet und ausgesetzt werden und das nicht nur einmal, sondern mehrere Generationen im Jahr und das wiederholt über mehrere Jahre.

Fazit: Nicht praxistauglich.

Was können Fangsysteme?

Manche Lockstoff-Fangsysteme beruhen auf einer „Attract & Kill-Strategie“ (zum Beispiel Fangholzhaufen oder Trinet P – Achtung bei Letzterem: Zulassung ist ausgelaufen!). Sie können im Zusammenhang mit einer integrierten Bekämpfungsstrategie dazu beitragen, hohe Käferdichten durch Massenfang abzusenken – zumindest örtlich und zeitlich begrenzt.

Bei Massenvermehrungen ist diese Methode jedoch nicht zielführend, da durch die Vielzahl der benötigten Fangsysteme und Pheromonquellen ein Vermischungseffekt eintritt, der den notwendigen, zielgerichteten Anflug an das einzelne System erschwert. Zudem müssen Flächen, auf denen Fangsysteme installiert werden sollen, gründlichst geräumt sein. Auch ein Sicherheitsabstand zu benachbarten Beständen wäre einzuhalten (mindestens 30 m).

Extrem wichtig wären wöchentliche Kontrollen auf Stehendbefall im Umfeld. Eine rasche Aufarbeitungslogistik und Abfuhr bei Frischbefall und Fanghölzern muss gewährleistet sein. Fangsysteme ersetzten damit keinesfalls die Notwendigkeit der Befallssuche und können das Befallsrisiko bei fehlerhafter Anwendung sogar erhöhen!

Fazit: Bedingt praxistauglich, aber viel Fachkenntnis nötig.

„Fängisches“ Holz

Das Kleinschneiden von befallenem Fichtenholz gilt häufig als Bekämpfungsmethode. Doch das Holz bleibt in der Regel ausreichend lange frisch, sodass sich die Bruten fertig entwickeln können. Unbefallene, frische Abschnitte mit nur 20 cm Länge wurden schon durch Buchdrucker und Kupferstecher befallen. Nur gelegentlich kam es im geringen Maße auf der Freifläche bei starker Sonneneinstrahlung auf der oberen, der Sonne ausgesetzten Seite zum Ausfall der Brut.

Alle Empfehlungen hängen stark von den herrschenden Temperaturen, Feuchtebedingungen und Entwicklungsstadien der Bruten ab.

Fazit: Nur praxistauglich, wenn alle Bedingungen passen.

Restholz hacken hilft, oder?

Bei einer Untersuchung der Forstlichen Versuchsanstalt (FVA) in Freiburg wurde von Buchdrucker und Kupferstecher befallenes Fichten-Stammholz Mitte August gehackt und auf mehreren Haufen aufgeschüttet und mit Folie abgedeckt. An zwei Stellen wurde es flächig verblasen.

Das Ergebnis: Kupferstecher aus allen Behandlungsvarianten des Hackgutes sind in umfangreichen Mengen ausgeflogen. Es gibt sogar Hinweise, dass sich weiße Stadien der Kupferstecher im Hackgut fertig entwickeln konnten. Buchdrucker flogen hingegen nur noch in geringen Mengen aus.

Bei Befall des Stammholzes mit Kupferstecher ist daher zu empfehlen, die Hackschnitzel möglichst schnell abzufahren oder auf Haufen von mindestens 2 m Höhe aufzuschütten und mit einer reißfesten Folie abzudecken. Ein hoher Feinanteil und hohe Holzfeuchte sollten in den Haufen dann zu einer Wärmeentwicklung auf mehr als 56 °C führen, bei der Käfer und Bruten absterben.

Fazit: Praxistauglich gegen den Buchdrucker.

Folienlager: Trügerisch

Grundsätzlich werden zwei Folienlager unterschieden. Zum einen gibt es die luftdichte Folienlagerung. Bei diesem Verfahren wird das Holzpolter komplett in Folie eingeschlagen und durch Verschweißen luftdicht versiegelt. Durch Gärungs- und Atmungsprozesse wird der Sauerstoff unter der Folie relativ schnell verbraucht. Dadurch würden auch Borkenkäfer absterben. Dieses Verfahren ist – solange die Folie intakt ist – nachweislich waldschutzwirksam.

Zum anderen gibt es die nicht luftdicht verpackte Folienlagerung. Bei diesem Verfahren wird das Holzpolter von oben abgedeckt, beispielsweise mit einer Silofolie oder auch stärkerem Material. Die Folie wird dabei an den Polterrändern beschwert, damit sie bodendicht abschließt.

Diese Art der Lagerung von befallenem Borkenkäferholz ist aber nicht waldschutzwirksam. Unter der schwarzen Folie werden auch an sonnenexponierten Lagen im Polter unter der Folie keine Temperaturen erreicht, die Borkenkäfer in einem relevanten Umfang zum Absterben bringen. Auch eine Verpilzung der Käfer findet nicht in nennenswertem Umfang statt. Zudem hat sich das Dichthalten der Folie in der Praxis als kaum durchführbar erwiesen, da schon kleinste Waldbärte zu Rissen führen.

Buchdrucker schaffen es aber auch aus eigener Kraft, sich durch die Folie zu bohren. Gleiches gilt für Mäuse. Ein vollständig besiedelter, klassischer Fixlängen-Polter (80 Stämme, Durchmesser 30 cm, 5 m lang) kann bis zu 14 l Buchdrucker beinhalten. Das entspricht mehr als 500.000 Käfern.

Fazit: Nicht praxistauglich

Saubere Waldwirtschaft!
Trotz vieler Ansätze zur Entwicklung neuer Bekämpfungsstrategien sind die einzig wirksamen Maßnahmen die der „sauberen Waldwirtschaft“ geblieben. Saubere Waldwirtschaft bedeutet:
– befallene Fichten einschlagen und aus dem Bestand abfahren oder entrinden,
– im Wald liegendes bruttaugliches Material entfernen oder unschädlich machen (durch Mulchen, Hacken oder je nach Witterung Verbrennen),
– Kronenteile und sonstige Resthölzer insbesondere bei hoher Kupferstecherdichte beseitigen.
– Mithilfe der genannten Maßnahmen werden Käfer und die Käferbrut unschädlich gemacht sowie ein Neubefall und eine weitere Vermehrung der Käfer verhindert. Allerdings sind sie zeit-, arbeits- und kostenaufwendig.
Als letztes Mittel der Wahl ist ein Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bei Befall mit Buchdrucker oder Kupferstecher denkbar, um eine Ausbreitung des Befalls zu verhindern.

Bäume entrinden

Für das Entrinden kleiner Holzmengen sind verschiedene Aufsatzgeräte für die Motorsäge erhältlich. Das „Rindenstreifen“ entzieht bei korrekter Anwendung den Fichtenborkenkäfern den Brutraum. Foto: Hohenadl

Eine Möglichkeit zur waldschutzwirksamen Aufarbeitung von befallenem Fichtenholz ist das Entrinden. Zum einen kann die Entrindung vorsorglich erfolgen – es wird also nicht befallenes Holz entrindet, damit es nicht von Borkenkäfern besiedelt werden kann. Zum anderen kann Entrinden auch bei befallenem Holz waldschutzwirksam sein – aber nur, solange die Bruten noch im weißen Stadium (Larven/Puppen) sind. Denn die Larven und Puppen können sich durch die verstärkte Austrocknung der Rinde nicht weiterentwickeln und sterben in der Folge ab.

Bei „Debarking Heads“ handelt es sich um Harvesterköpfe mit einer Entrindungsfunktion. Die Waldschutzwirksamkeit ist analog zur „klassischen“ Entrindung zu bewerten – also als gut, solange sich die Bruten unter der Rinde noch im weißen Stadium befinden. Bei Jungkäfern nach Reifefraß und Altkäfern ist das allerdings anders: Werden sie nicht durch die Walzen des Harvesterkopfs oder bei der Entrindung zerdrückt oder zumindest beschädigt, können sie nach der Entrindung ungehindert ausfliegen und einen neuen Befall verursachen.

Die LWF empfiehlt den Einsatz der „Debarking Heads“ zur Borkenkäferbekämpfung ausschließlich präventiv zur Entrindung unbefallener Fichten und zur Aufarbeitung frisch befallener Fichten (Bohrmehl, Harztropfen, weiße Larvenstadien, keine Jung- und Altkäfer). Während der Aufarbeitungsmaßnahme muss daher die Entwicklung der Brut unter der Rinde laufend kontrolliert werden.

Für die händische Entrindung bei kleinen Holzmengen sind verschiedene Aufsatzgeräte für die Motorsäge erhältlich. Die Motorsägenanbaugeräte mit Streifenmesser trennen die Rinde längs in einem fräsenden Vorgang, dem sogenannten „Streifen“ ab. Das „Rindenstreifen“ entzieht bei korrekter Anwendung den Fichtenborkenkäfern den Brutraum. Gleichzeitig bleibt ausreichend Rinde als Lebensraum für andere Insekten erhalten.

Ausschlaggebend für die Wirksamkeit gegen Fichtenborkenkäfer ist beim Streifen mit dem Motorsägenanbaugerät ein komplettes Durchtrennen der Rinde bis auf den Holzkörper. Bei stärkeren Holzdimensionen mit dicker Rinde können dazu mehrere Bearbeitungsgänge nötig werden. Zudem müssen die Stämme während der Entrindung mehrmals gedreht werden, damit alle Rindenbereiche am Stamm gefräst werden können.

Untersuchungen zur Waldschutzwirksamkeit bei bereits befallenen Bäumen und braunen Entwicklungsstadien laufen noch. Entscheidend ist allerdings die Frage, wie viele Käfer sich trotzdem fertig entwickeln und ausfliegen können.

Der Ansatz ist aber grundsätzlich vielversprechend, da die Methode direkt nach der Fällung angewendet werden könnte, was wertvolle Zeit spart – gerade, wenn die Logistikketten bei Rückung und Holzabfuhr angespannt sind. Das gilt besonders im Kleinprivatwald, wenn die Schadholzmengen gering sind – und auch in Schutzgebieten, wo der Verbleib des Holzes im Bestand Vorteile für die Biodiversität, als auch für die Waldverjüngung haben könnte.

Beim Schlitzen des Stammholzes ist aber zu bedenken, dass auch das Kronenrestholz waldschutzwirksam aufgearbeitet werden muss.


Autoren: Cornelia Triebenbacher, Andreas Hahn, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

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