Revierförster Ingo Haurand vom Regionalforstamt Märkisches Sauerland erklärt, worauf es beim Aufforsten ankommt. Foto: Schlotmann

Aufforsten mit Plan

In vielen Betrieben laufen die Aufforstungsplanungen auf Hochtouren. Doch oftmals sind sich Waldbesitzer unsicher, was tatsächlich alles bedacht werden muss.

Pflanzen kaufen und in den ­Boden stecken – so einfach könnte die Wiederbewaldung sein. Ist sie aber nicht. Damit die Forstbetriebe sprichwörtlich kein Geld vergraben, kommt es auf eine sorgfältige Planung an. Dazu zählt neben der Kenntnis über den Standort die richtige Baumartenwahl. Aber auch das sind nur einige Aspekte. Zusammen mit Revierförster Ingo Haurand vom Regionalforstamt Märkisches Sauerland haben wir die Wiederaufforstung genauer in den Blick genommen – von der Baumartenwahl bis zur fertigen Kultur.

„Learning by doing“

Angesichts der vielen Schad­flächen gibt es kaum Privatwaldbesitzer, die nicht in irgendeiner Form Wald wiederaufforsten ­müssen. Förster Ingo Haurand kennt dies nur zu gut: Seit seinem Dienst­antritt 1999 ist in seinem ­Revier – dem Forstbetriebsbezirk Menden – kalamitätsbedingt der gesamte Fichtenvorrat ausgefallen. Insgesamt 860 ha mussten neu angepflanzt werden. Dabei probierte Haurand auch mal etwas aus, ­wagte etwas und pflanzte Bäume auch entgegen der Lehrmeinung – sozusagen „Learning by doing“. Doch dazu später mehr.

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Anders als zur Jahrtausendwende stellt die Wiederbewaldung andere Herausforderungen. Eines der Hauptprobleme ist die „Stand­ortsdrift“. Infolge des Klimawandels haben sich die Standorte verändert, wovon besonders der Wasserhaushalt betroffen ist. Zudem kann es auf vielen Waldflächen zu Eutro­phierung – zu einer Nährstoffüberversorgung – kommen. Grund hierfür ist der schlagartige Abbau der Nadelschicht, erklärt Haurand. Hinzu kommen Finanzprobleme in den Forstbetrieben, eine höhere Reproduktion des Wildes sowie der Mangel an Pflanzen und Arbeitskräften.
„Doch alle Probleme lassen sich mit einer stringenten Planung mini­mieren“, motiviert Förster Haurand.

Was ist das Ziel?

Zu allererst muss der Waldbesitzer ein Betriebsziel festlegen. Denn nicht immer läuft es auf die Holzproduktion hinaus. Angesichts der Klimaschutzleistung des Waldes und vor allem des Rohstoffes Holz steht diese für Haurand aber besonders im Fokus. In diesem Zusammenhang rät der Förster dazu, die optimale Schnittmenge aus ökologischen, ökonomischen und Aspekten der Bestandessicherheit zu finden. Der Grund: Diese ist für die Baumartenwahl entscheidend. Allerdings ist die Betrachtung komplex, da die Ziele generationsübergreifend getroffen werden. Welches Holz künftig tatsächlich nachgefragt wird, lässt sich nicht sagen. Dass aber weiterhin Nadelholz benötigt wird, schon.

Hinsichtlich der Bestandessicherheit sollten Waldbesitzer die erwähnte Standortsdrift berücksichtigen. Zudem werden Extremwetter­ereignisse wie Starkregen, Dürreperioden oder heftige Sommer­gewitter häufiger auftreten. Öko­logisch betrachtet sollte der künftige Wald sich selbst verjüngen, eine größtmögliche Mischung und Strukturvielfalt aufweisen und standortzuträglich sein. Einige dieser Fragestellungen lassen sich nicht „ad hoc“ beantworten, weiß Haurand. Nichtsdestotrotz sind sie maßgeblich. Darum lohnt in diesem Planungsstadium das Fachgespräch mit dem Förster. „Die Entscheidung muss am Schluss aber der Eigentümer treffen“, sagt Ingo Haurand.

Auf dieser Schadfläche wurde ein Buchen-Weißtannen-Mischbestand auf­geforstet. Zum Schutz vor Verbiss wurde die Tanne – je 600 bis 700 Stück – in Gattern gepflanzt. Auch die jagdliche Infrastruktur wurde direkt angelegt. (Bildquelle: Schlotmann)

Standort und Baumarten

Der Standort ist das entscheidende Gut des Waldbesitzers. Anders als in der Landwirtschaft, lässt sich dieser nicht beispielsweise durch Bodenbearbeitung oder Nährstoffgaben beeinflussen. Darum ist es für die Baumartenwahl nötig, Bodentyp, Bodenart, die Nährstoffversorgung, den Wasserhaushalt sowie die Höhenlage und die Exposition zu kennen. Viele dieser Infos lassen sich bereits aus der Forsteinrichtung ablesen. Einige Standortdaten sind auch im Internet abrufbar. Auf Nummer sicher geht jeder, der seinen Standort professionell kartieren lässt. Die Ergebnisse der Kartierung sind am genausten, aber auch mit Kosten verbunden. Häufig ist es schon hilfreich, mithilfe eines befreundeten Land- oder Forstwirtes ein Bodenprofil zu erstellen.
Die Baumartenwahl richtet sich am Betriebsziel aus. Dabei sollten die Kosten für Schutz und Pflege nicht unberücksichtigt bleiben. ­Eine sogenannte spannungsarme Mischung beispielsweise aus Buche und Lärche erfordert weniger Pflege, als ein Buchen-Eichen-Mischbestand. Allerdings eignen sich nicht alle Baumarten für eine Pflanzung auf der Freifläche – allen voran die Buche. Darum kann es sinnvoll sein, neben der Pflanzung mit Vorwaldbaumarten wiederzubewalden. Grundsätzlich gilt es abzuwägen, sagt Haurand: Möchte ich eine Hochrisikoanlage oder ein sicheres Investment.
Welche Baumarten und Mischungen grundsätzlich lohnend sind, ist im Waldbaukonzept für NRW zusammengefasst.


Griffiger als die Baumartenwahl ist die erforderliche Pflanzenmenge. Sie hängt wesentlich vom Flächenzustand ab, denn je nachdem gibt es unterschiedlich große Flächenverluste.
Fläche räumen oder nicht?
Auf einer ungeräumten Fläche können diese bis zu 60 % aus­machen. Auf geräumten Flächen betragen sie 20 bis 30 %, auf gemulchten Flächen im Schnitt 10 %. Dennoch sollten Waldbesitzer ihre Flächen nur ausnahmsweise mulchen lassen, rät Haurand. Denn flächiges Befahren verursacht Bodenschäden, zudem erschwert eine Mulchauflage die spätere Pflanzung. Der Kontakt mit dem Mineralboden lässt sich dann nur mit tieferen Pflanzlöchern sicher­stellen, was Pflanzfehler mit sich bringt.
Kronenhölzer und Reisig bei der Käferholzernte direkt auf Wällen abzulegen hat Vor- und Nachteile. Vorteilhaft ist die bessere Wind­ruhe für die Pflanzen. Außerdem bieten die Wälle einen Lebensraum für Vogel, Kleinsäuger und Insekten. Hierin liegt allerdings auch der wesentliche Nachteil: die ­Wälle sind Reproduktionsort von Mäusen und Rüsselkäfern – un­erwünschten Kulturschädlingen. Alles in allem ist eine zumindest grobe Flächenräumung aber sinnvoll, urteilt der Mendener Förster, um Flächenverluste zu verringern.

Wie pflanzen?

Vor der Pflanzung sollte der Waldbesitzer eine Mischungsform wählen. So lassen sich beispielsweise Raster anlegen. Je nach Baumartenwahl kann das nützlich sein, um frühzeitig Gatter für stark verbissgefährdete Arten anlegen zu können. Das gilt für die Weißtanne oder Eichenarten. Flächige Gatter sind meistens nicht nötig und „verschieben“ nur den Verbissdruck.
Für die Pflanzung selbst haben sich Pflanzverbände von 2 x 1 m für Laubholz und 2 x 2 m für Nadelholz bewährt. Dementsprechend ergeben sich durchschnittliche Stückzahlen von 3500 bis 5000 Laubholzpflanzen pro Hektar bzw. 1500 bis 3500 Nadelholzpflanzen pro Hektar. Haurands Faustregel: Immer höhere Stückzahlen pflanzen. Damit lassen sich Ausfälle besser kompensieren.
Bei den Pflanzensortimenten muss der Waldbesitzer zwischen wurzel­nackter und Containerware wählen. Ausschlaggebend ist vor allem die Konkurrenz am Standort durch Brombeere, Adlerfarn oder Gräser. Sie wirkt sich auch auf die Pflanzengröße aus. Außerdem hat der Waldbauer die Wahl zwischen Sämlingen und Verschulpflanzen. Ein Tipp: Je kleiner die Pflanze, desto besser der Anwuchs. Darüber hinaus empfiehlt Ingo Haurand beim Nadelholz immer auf verschulte Pflanzen zu setzen – der Wurzelkörper sowie das Wurzelwachstum passen besser zum Spross bzw. zur Pflanze.

Haue oder Spaten?

Mit der Wahl von wurzelnackter oder Containerpflanze sowie Sämling oder Verschulpflanze beginnt auch die Entscheidung für ein Pflanzverfahren. Als Faustregel gilt: Das Verfahren muss zur ­Pflanze passen.
Während sich beispielsweise der Neheimer Pflanzspaten sortimentsübergreifend bewährt hat, sollte man trotz vieler Expertenmeinungen auch die Winkelpflanzung mit der Wiedehopfhaue nicht von vornherein abschreiben. Denn das Werkzeug allein garantiert nicht die Qualität des Verfahrens. Es hilft allenfalls, Fehler zu vermeiden, warnt Haurand. Sein Tipp: Kleine Sortimente lassen sich einfacher pflanzen als große.
Vielfach werden Unternehmer die Schadflächen bepflanzen. In dem Fall sind regelmäßige Kontrollen sinnvoll. „Lassen Sie sich regel­mäßig auf der Fläche blicken und schauen Sie den Pflanzern hin und wieder mal über die Schulter“, sagt Haurand. Das sichert die Arbeitsqualität. Die Pflanzen sollten gerade und fest stehen. Der feste Sitz lässt sich mit einem leichten Zug an der Pflanzenspitze überprüfen. Auf großen Flächen sollte zudem eine fachgerechte Kontrolle durch den Förster erfolgen. So lassen sich Pflanzfehler und mögliche Konflikte frühzeitig ausschließen, so die Erfahrung des Revierförsters. Gleiches gilt für eine gemeinsame Endkontrolle mit dem Unternehmer.
Alles in allem ist die Pflanzung ­eine Investition in die Zukunft. ­Darum sollten Waldbesitzer nicht die falschen Prioritäten setzen und beispielsweise bei der Arbeitskraft sparen. „Lieber weniger, aber dafür hochwertig wiederbewalden“, empfiehlt Haurand. Aus dem selben Grund lohnt es schon, in die Planung zu investieren und diese gemeinsam mit dem Revierförster vorzunehmen – Geld, das gut angelegt ist.

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